Alice Cooper :: Welcome To My Nightmare

Der theatralische Schock-Rock-Klassiker aus dem Jahr 1975

Das muss das für ein Schreck gewesen sein, als dieses Album 1975 veröffentlicht wurde. Alice Cooper, Mutter aller Schockrocker von Marilyn bis Slipknot, ließ endlich alle Hemmungen in Sachen Mainstream fallen und schuf die perfekte Synthese von Hardrock und Hollywood: ein Album voller Riffs und Bombast, mit bösen Texten und eingängigen Melodien. Ein Album, dessen Sarkasmus nur noch übertroffen wurde von seinem Humor. „Welcome to my nightmare, I think you’re gonna like it!“, raunzt er zu Beginn verführerisch – und wer jetzt noch lacht, der wird sich bald wundern.

„Cold Ethyl“ oder „Some Folks“ beginnen so fröhlich, dass man einfach mitwippen muss, bloß um dann, wenn die Song schneller und immer wirrer werden, zu merken, dass es hier um Kannibalismus und Nekrophilie geht – das waren mal Themen für einen Popsong! Und auch das vielleicht coolste Cooper-Lied aller Zeiten ist auf „“Welcome To My Nightmare“ zu finden: Alices Beitrag zur Emanzipation hieß „Only Women Bleed“ und erzählte vom traurigen Leben einer Frau, die mit einem leben muss, der raucht und trinkt und oft nicht nach Hause kommt – einem Rockstar vielleicht, aber wahrscheinlicher mit einem ganz normalen Ärgernis: „Man makes your hair grey, he’s your life’s mistake/ All you’re really looking for is an even break.“ Die Melodie schwillt am Ende dermaßen an, dass man schon das Messer in der Hand der Verletzten sieht. Das Ende ist aber so repetitiv und resignativ, so traurig, dass man Cooper als Feministen bezeichnen will – „Only women bleed, only women bleed, only women bleed.“

Geschmacklos? Nicht mehr als das Leben. Das ist ja das Geheimnis des Vincent Damon Furnier: Er kann von den seltsamsten Dingen berichten, die hoffentlich nur in Horrorfilmen passieren, aber dann überrascht er einen mit noch viel grauenvollerem Realismus – das ist hier bei „Years Ago“ so und war bei „Eighteen“ oder „Lost In America“ nicht anders.

Und wie der Mann all das singt. Mal kotzt er die Vokale fast aus, dann zischt er ganz sanft, fast zärtlich – und eine Sekunde später spuckt er einem ins Gesicht. Unterhaltsamer wurde Rock-Theater danach nicht mehr, nur wüster, unsinniger und alberner.

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