Alternativen von Michael Ruff

Wer den rumpeligen Wohnküchen-Charme der frühen Go-Betweens liebt und den jüngst verblichenen Beat Happening nachtrauert, darf sich über gleich mehrere Silberstreifen am Sommerhimmel freuen. Und alle kommen aus dem Hause ASHTRAY BOY: erstmal die zwei verschiedenen Inkarnationen der Band, welche Mastermind Randall Lee parallel im heimischen Sydney bzw. setner Lieblingsstadt Chicago betreibt Beide sind auf „Candypants Beach “ (Ajax) in bunter Reihe vertreten, wobei die Amis möglichst australisch klingen wollen und die Aussies gar mit einer gewagten, aber gelungenen Version von Neil Youngs Schmuse-Hit „Heart Of Gold“ brillieren. Während das neue Werk bislang noch importiert werden muß, ist das ’92er Debüt von Ashtray Boy nun endlich auch hierzulande erschienen. „The Honeymoon Suite“, eingespielt in der Chicago-Besetzung, ist eine ebenso liebenswerte Sammlung zeitlos-sonorer Schrammel-Songs, getragen von charismatischen Understatement des Mr. Lee. Als Gastsängerin bei zwei Songs zu hören: die damals noch völlig unbekannte Liz Phair. (Scout/RTD) 4,0

Unter dem Banner „Ear Of The Dragon“ tourten kürzlich vier amerikanische Bands asiatischer Herkunft die Staaten auf und ab. Eine davon war SEAM – aber wer im Falle von „Are You Driving Me Crazy?“ (City Slang/EFA) fernöstliche Tonfolgen befürchtet, sei entwarnt: Band-Chef Sooyoung Park hat Korea, das Land seiner Väter, letztes Jahr zum erstenmal gesehen und pflegt als Songwriter jene Sorte College-Rock, die ohne Moll-Akkorde und populäre Sinnfragen nicht auskommen kann. Gefällig, aber ein wenig ermüdend – wie das Leben manchmal ist 2,5

Einen gelungenen Culture-Clash bekommt man dagegen von CORNERSHOP zu hören: britischen Noise-Pop mit indischer Gamalan-Musik zu verbinden war von Beginn an die Idee des Quartetts. Ihre unfertigen Frühwerke darf man nunmehr vergessen, denn mit „Woman’s Gotta Have It“ (Wiija/ RTD) ist ihnen ein reifes Album gelungen, auf dem die verschiedenen Kulturen einander in etwa so nahekommen wie auf einem urbanen Marktplatz: Im einen Ohr setzt sich die Bombay-Hymne “ 6 a.m. Jullandar Shere“ fest, das andere lauscht den herzigen Protestsongs, die aus den anliegenden Pubs herüberwehen. 4,0

Wo die Musik von Cornershop lokale Verhältnisse in Verbindung setzt, baut die britische Konkurrenz bereits Sandburgen von weltumfassenden Format: THE MOONFLOWERS laden auf dem Album „Cotors And Sounds“ (Pop God/RTD) zu einer ausgeklinkten vierteiligen Rundreise von psychedelischem Funk und Hippie-Reggae über magischen Flötentönen im kontemplativer Endzeitstimmung. Insgesamt ein ambitioniertes, aber unterhaltsames Werk, das musikalisch irgendwo zwischen der alljährlichen Party zur Sonnenwende an der Stonehenge und dem Musical „Hair“ einzuordnen ist. 3,5

Noch heute zittert jeder heimliche Herb Alpert- oder Dean Martin-Fan unter dem Donnergrollen, das Kollege Gülden in Richtung Easy Listening losgelassen hat. Wie froh kann man dagegen sein, daß es das DENISON/ KIMBALL TRIO gibt, die perfekten Vorzeige-Rocker in diesem Bereich. Ein Trio ist nur auf drei Songs von „SoulMachine“ (EEA) zu hören, ansonsten gibt es obercoolen Bar-Jazz auf zwei Instrumenten. Aber Duane Denison (Jesus Lizard) spielt die Gitarre eben nicht so, als würde sie täglich in Milch gebadet, und Drummer James Kimball wischt nicht nur auf den Fellen herum, er haut auch schon mal drauf. 3,5

Es sei noch auf die Songs hingewiesen, die JOHN DAVIS auf „Leave Home“ versammelt hat (Naptime/Import). Einmal eingefangen von den privaten, zerbrechlich arrangierten Lebenszeichen, fühlt man sich wie ein Voyeur, der einem Verwirrten dabei zuhört, wie er mit seiner Bandmaschine kommuniziert. 3,5

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