Annie Lennox – Songs Of Mass Destruction :: Schwestern, rettet die Welt – mit mehr Pop, immer noch viel Pathos

Die Lieder der Annie Lennox sind keine Waffen, wie der Titel auch implizieren könnte, sie sind Mahnmale. Wer bei dieser Vorstellung schon aussteigen möchte, der sei gewarnt: Natürlich singt die Schottin wieder in höchsten Tönen, sie scheut das Pathos nicht-und doch gelingt ihr endlich mal wieder ein fast poppiges, manchmal schamlos eingängiges Album, das nicht so weit von den Eurythmics entfernt ist wie „Diva“ oder „Medusa“.

Auch Annie Lennox arbeitet jetzt mit Glen Ballard zusammen, aber sie ist keine Alanis oder Anastacia, und selbst dieser Produzent schafft es nicht mehr, sie so glattzubügeln, dass man das komplette Album hören könnte, ohne hin und wieder zu erschaudern. Gott bewahre! Lennox legt es ja darauf an, dass man aus dem wohligen Mitwippen immer wieder herausgerissen wird. Die Idee zur melancholischen Ballade „Dark Road“ kam ihr ausgerechnet auf dem Sunset Boulevard-und das Gefühl, dass wir im Überfluss leben, während die Hunger leiden und kaum Hoffnung haben, zieht sich durch alle Songs. „Safe me from the bitterness and hatred of humanity“, barmt sie in der sonst recht flotten Liebeslied-Karikatur „Love Is Blind“.

Viel Piano, eine mächtige Band, bloß nicht tiefstapeln, ob bei den getrageneren, elegischen Stücken oder dem aufgekratzten Agit-Pop – die musikalische Breitwand unterstützt die Dringlichkeit, die Lennox in all ihre Songs legt. Niemals klingt sie, als wäre irgendwas leicht, als hätte es nicht viel zu bedeuten. Alles ist wichtig, überall lauern Schmerz und Anklage, jeder Vers ein kleines Manifest. Und natürlich bleibt Lennox eine überzeugte Feministin, die „One more time for womankind!“ ausrufen kann, ohne sich lächerlich zu machen – und die solche Statements dann mit einer unwiderstehlichen Melodie unterlegt, die den Ernst Lügen zu strafen scheint.

Das Herzstück von „Songs Of Mas’s Destruction“ ist „Sing“, das in Südafrika entstand, wo Lennox natürlich für ihre Schwestern und gegen Aids kämpft – und sie ist nicht allein. Die zweite Strophe singt Madonna; im All-Star-Chor ist praktisch jede Sängerin dabei, die einem einfällt: kd lang, Melissa Etheridge,

Shakira, Celine Dkm, Dido, Fergie, Pink, Sugababes, Martha Wainwright. Beth Gibbons, KT Tunstall, Beth Orton, Joss Stone, Sara McLachlan und noch mehr. Der Song ist leider nicht besonders sensationell. Aber wenn’s hilft!

Sinnfreie Popmusik ist eben nicht Annies Ding, sie ist immer noch auf einer Mission. Doch die Lieder dazu dürfen jetzt auch wieder Spaß machen.

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