Antony & The Johnsons – I Am A Bird Now
Das zweite Album von Antony & The Johnsons beginnt mit dem unglaublichen „Hope There’s Someone“, und hiernach hätte man die Platte auch einfach abbrechen können. Besser als auf dieser einfachen, zärtlich-ängstlichen Ode kann es nun doch gar nicht mehr werden: „Hope there’s someone/ Who takes care of me/ When I die, when I go.“ Zwischendurch gerät der Song zu einem hysterischen Inferno, ehe sich Antony wieder fangt und mit einem last whisper verabschiedet. Ich denke an einen überschminkten Mann, der zerschlagen und alleine in seiner Kammer sitzt und auf nichts mehr wartet als auf das Ende der Frist. Und dass endlich doch noch mal jemand nach ihm sieht. Dieser Mann ist im Booklet abgebildet – und natürlich Antony selbst.
Verstörend und ergreifend. Nicht nur, weil diese an Klaus Nomi gemahnende Stimme wieder eiskalt zuschlägt. Oder die Texte direkt aus der zerstörten Zone zu kommen scheinen. Auch die vielen Gäste tragen zum Gelingen der Platte bei. Da ist etwa das wunderbare „You Are My Sister“, bei dem bemerkt werden muss, dass Boy George im Vergleich zu seinem Duettpartner endlich mal die tiefere Stimme hat Oder der glänzende Rufus Wainwright, der den Gesang bei „What Can I Do“ übernimmt Devandra Banhart tut seinerseits bei „Spiraling“ mit; Lou Reed, der Antony schon als Gast auf seine Alben „The Raven“ und „Animal Serenade“ einlud, spielt Gitarre und liest ein Gedicht vor („Fistful Of Love“).
Über allem aber schwebt Antony, der nicht nur als Autor gewachsen ist, sondern seine Songs auch gefühlvoll arrangiert hat Neben dem omipräsenten Klavier sind es vor allem die gefühlvoll eingesetzten Streicher, die den letzten Handgriff an unsere Kehlen setzen. Wer weiß, vielleicht nervt der geschminkte Mann am Klavier ja irgendwann einmal ganz furchtbar und wir sind seiner satt. Für den Moment allerdings (und wohl mindestens auch den nächsten) gibt es wahrlich nichts Besseres als diese flehentlichen, süchtig machenden Etüden über Liebe und Hass und den weiten Raum dazwischen.