Aqualung – Memory Man :: Viel Geblubber. aber auch gute Kompositionen von Matt Haies

Zwei Jahre lang war Matt Haies alias Aqualung in den USA auf Tournee, um eine dort nachträglich erschienene Kompilation seiner ersten beiden Werke publik zu machen, eine unerwartete Wendung. Haies, der sich selbst schnell langweilig findet, hat die ewige Repetition des alten Materials für viel Experimentieren genutzt und seinen kleinen Songwriter-Klang auf der Bühne ins Große gewendet, mit vielen zusätzlichen Instrumenten und alternativen Arrangements.

Man kann das hören auf der neuen Platte, die nach einem Hallgerät des High-End-Vintage-Herstellers Electro Harmonix benannt ist und an vielen Stellen eine entsprechende Ästhetik hat. Gleich beim Opener „Cinderella“ bauen sich Schlagzeug und Gitarren riesig auf, und lauter zusätzliche Spuren machen eine Klangwand, die in dieser Diskographie noch nie so breit war.

Wie das alles so vielschichtert wummert, episch zirpt und die klaren Konturen aufweichen, da denkt man: Aqualung klingen wie Keane. Doch Matt Haies wäre nicht Matt Haies, wenn er den schwurbeligen Fassaden die guten Kompositionen opfern würde. Haies arbeitet wohl mit Frau und Bruder, ist aber am Ende des Tages doch nicht den Kompromissen einer Band unterworfen. Und so erkennt man schnell viele gute Lieder unter dem kreativen Blubbern, das hier kein Selbstzweck ist. Die Single „Pressure Suit“ hat im Chorus eine tolle Wendung; das ganz klein beginnende „Glimmer“ wird zur Mitte eine Art Folksong mit romantisch jammernder Fiddle; „Vapour Trail“ sollte das Herzstück eines schließlich verworfenen Konzeptalbums werden, die Gitarren strahlen mysteriös. Es kommen noch mehr solcher Lieder, und sie alle haben etwas Besonderes an sich – wie das fabelhafte „Rolls So Deep“, bei dem Haies sein Piano spielt wieder junge Elton John und ein toller Chor jubiliert wie einst bei Meat Loaf oder Todd Rungren.

Memory man!

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates