Aqualung – Strange And Beautiful :: WEA

Leise säuselt Matt Haies. Der Sänger ruft behutsam gedämpfte Salven in den Nebel und verarbeitet den Widerhall zu kleinen, sehr verletzlichen Songgebilden. Ein Mann, ein Klavier, und nur selten der diskret pluckernde Drum-Computer nebst kleineren Klang-Effekten. Kein Alkohol, keine Suchtstofle. Doch die Stille wird jäh unterbrochen. Irgendjemand nölt übel gelaunt: „Herrgott, es ist doch wieder nur das Radiohead-Syndrom.“

Der Vorwurf des Plagiatorischen rührt allerdings alleine aus der Tatsache, dass Haies eine ähnlich helle und flehentliche Stimme wie Thom Yorke hat. So etwas soll vorkommen. Allerdings träumt der Mann weder davon, des Morgens an Zitronen zu saugen noch irgendwann einmal komplett zu verschwinden.

Wir hören stattdessen: Minimalismus galore, überwiegend gelungene Skizzen der Wehmut und des Siechens aus der Folterkammer Liebe. Ein Urteil ohne Prozess: „I’m tongue tied/ Waiting, hoping and praying/ Lying beside you, longing to touch you/ But this feels like the end“, singt Haies im schönsten Stück der Platte, „Tongue Tied“.

Aber ach, der gemeine Feind namens Eintönigkeit Leisetreter-Sänger wandeln ja häufig auf einem schmalen Grad zwischen textlicher Schönheit und musikalischer Langeweile. Und auch Matt Haies verlässt sich etwas zu sehr auf sein nur wenig ausstaffierte Gewinsel über die Welt und deren Finsterlinge. Lediglich „Good Times Gonna Come“ sorgt mit einem hinsichtlich Dramaturgie und Ausgestaltung den Werken von Portishead nicht unähnlichem Konzept für etwas Abwechslung.

Ganz so lebensuntüchtig, wie er es in den meisten Songs vermittelt, ist der Sänger übrigens nicht. Das Titelstück verhökerte er ungerührt an den Volkswagen-Konzern, der mit Zeilen wie „I put a spell on you/ You’ll fall asleep“ die Jugend für den VW Beetle sensibilisieren will. Ob das gut geht?

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