Architecture in Helsinki – Places Like This :: Kein Kinderkram, sondern überwältigender, swingender Indie-Pop
Bisschen schade, dass Architecture In Helsinki oft so klingen, als ob sie unbedingt lustig sein wollen. Die naheliegendste Assoziation ist bei ihnen Kindergeburtstag, Tortenschlacht, hektisch sprudelnde Softdrinks, weil die australische Band in den Songs so nervöse Haken schlägt, sinnlos viele Ideen aneinanderreiht, scheinbar ohne Ökonomie. Auf die Art haben Architecture sich 2005 in Indie-Mixtape-Kreisen beliebt gemacht, verstellen aber sicher auch vielen Leuten den Zugang zu ihrem Werk, das sich nämlich bei genauer Betrachtung von Kinderkacke plötzlich in die überwältigendste Popmusik verwandelt. Sänger Cameron Bird widerlegt das gleich wieder, wenn er nach wenigen Sekunden losplärrt wie ein Juckpulver-Verkäufer. Trotzdem ist die dritte Platte der von Melbourne in alle Welt fluktuierten Band noch besser als die letzte, weil sie das Apfelkuchen-Weiche, Glockenspiel-Verspielte, die Rettungsanker ins Niedliche jetzt ganz los ist.
Was aber am besten und verblüffendsten ist: wie die Band mit dem, was sie aus dem Boden und aus mindestens sechs Kurzzeitgedächtnissen stampft, zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt wie die afroamerikanische Tanzmusik. Obwohl man merkt, dass sich hier eben niemand vorgenommen hat, schwarz zu klingen. Das Getrommel und Geschepper in „Heart It Races“ bildet eine Formation wie die tribalen Beats von Produzententyp Timbaland, die ungeschickt zusammengesetzten „Saturday Night Fever“- und Hi pHop-Reminiszenzen in „Debbie“ ordnen sich magnetsplitterartig zu einem Sandalen-Funk, wie ihn keiner hinkriegen würde, der Coolness mit einrechnet. „Hold Music“ mit Männer-Frauen-Oppositionsgesang, Juju-Gitarre und unverbesserlich sägenden Synthesizer ist ein Hammer, von dem man sich erholen muss.
Diese kleinen australischen Weißbrote haben es also geschafft, die am verheerendsten swingende Indie-Pop-Platte mindestens des Jahres zu machen – und mit anderen Rasselbanden wie Bonde Do Role und The Go! Team im Hinterkopf ist das fast schon ein Trend. Entscheidend ist nicht, mit welcher schrulligen Referenzfülle sie antreten. Sondern dass sie sich mit eben diesen Mitteln hier eine Freiheit erkämpfen, um die sie jeder im Stakkato Gefangene beneiden wird.