Aretha Franklin :: The Queen In Waiting
Wie der Titel schon sagt: noch nicht die ganz großen Jahre Aus irgendeinem Wahn heraus war Otis Redding der festen Überzeugung, er habe „Satisfaction“ geschrieben – und diese Rolling Stones aus England hätten ihm den Song geklaut! Dabei waren im Kleingedruckten jener „History Of Otts Redding“ ganz klar Nick (sie!) Jagger und Keith Richard als Komponisten genannt. Dagegen stand unzweifelhaft fest, dass er den Soul-Klassiker „Respect“ komponiert hatte. Aber als er ihn zum ersten Mal auf dem Atlantic-Debüt in der Interpretation von ArethaFranklin hörte, jammerte Redding: „Die hat mir den für immer geklaut!“ Und wo er mal Recht hat, hat er Recht.
Die von Jerry Wexler produzierte Aufnahme war ab sofort die definitive Fassung. Die in den berühmtem Muscle Shoals Studios entstandenen Aufnahmen waren der Anfang einer langen Freundschaft, die solche Über-Werke wie „Lady Soul“ hervorbringen sollten. Unendlich besser sang Otis dagegen die Soul-Ballade „Try A Litde Tenderness“. Die wiederum hatte Aretha schon Jahre zuvor am 27. April 1962 eingespielt.
Es ist die letzte von 40 Aufnahmen auf dieser Remaster-Edition ihrer Columbia-Jahre, und an der wird exemplarisch klar, was der sonst so visionäre Talent-Scout John Hammond als wichtigster von insgesamt vier Produzenten bei den Aufnahmen dieser für ihn so viel versprechenden Sängerin alles falsch machte. Da ist diese tolle Stimme, aber angesichts der leicht schnulzigen Sub-Barbra-Streisand-Arrangements muss sich die Sängerin immer zurücknehmen, darf ihren Emotionen nie freien Lauf lassen. Richtiges Tempo ist entschieden wichtiger als richtiges Gefühl. Egal, wie erstklassig da die Streicher musizieren: Uberdosis Gefühl war verpönt. Ihr Streisand- oder Sinatra-Klassiker wie „People“ und „Only The Lonely“ anzudienen oder ihr ein zum Einschlafen langsames Arrangement von „What A Difference A Day Makes“ aufzuzwingen, zeugt von einem fundamentalen Misserständnis. Manchmal blitzt da plötzlich ihr ganzes Sangestalent auf wie bei dem für einen Dinah-Washington-Tribut aufgenommenen „Soulville“, und beseelter bringt sie auch „Running Out Of Fools“ rüber. Aber ihr „Drinking Again“ ist Nachtclub-Schmalz – zugegeben von der edleren Art, wie ihn Clint Eastwood so gern mag.
Ihre ganze Klasse kann sie bei Material wie „You’U Lose A Good Thing“ nur andeuten, bei grandiosen Vorlagen wie „Nobody Knows The Way I Feel This Morning“ auch. Aber wenn man das jetzt alles mit späteren Aufnahmen wie „Do Right Woman – Do Right Man“, „(You Make Me Feel Like) A Natural Woman“ oder „Good To Me As I Am To You“ im Hinterkopfhört, dann fragt man sich dann doch, wieso Hammond nicht das Potenzial einer Sängerin erkannte, die bei einem Song wie dem „Evil Gal Blues“ – wiederum eine ihrer besten Interpretationen auf der ersten CD hier – förmlich aufblühte.
Das Material überschneidet sich weithin mit der Doppel-CD Ja& To Soul“ von 1992. Neues, hervorragendes Remastering. Neue, sehr gute Liner Notes. In denen kann man nachlesen, dass Sam Cooke sie für RCA unter Vertrag nehmen wollte. Und Berry Gordy für seine (damals) Winzig-Firma Tamla-Motown. Aber Arethas Daddy wollte nicht. Er erzählte seiner Kleinen nicht mal, dass der große Sam Cooke sie für ein tolles Talent hielt, fand sie in der Gesellschaft von Barbra Streisand, Billie Holiday und Mahalia Jackson besser aufgehoben.