Art Brut – It’s A Bit Complicated :: Nicht mehr so charmant: Den juvenilen Briten fehlen große Songs

Was haben Art Brut mit Joe Cocker, Tina Turner und Chris DeBurgh gemeinsam? Nirgendwo sind sie so populär wie in Deutschland. Wasser auf den Mühlen von Antideutschen und Art Brut-Skeptikern. Dabei war „Bang Bang Rock & Roll“ ein echter Bang-Bang-Jugendverschwende-Spass, im besten Sinne in yourface, um das hässliche deutsche „mitten in die Fresse rein“ zu vermeiden. Nach so einem Debüt kann das zweite Album a bit complicated werden. Noch mehrlnstant-Hits fe?Teenage-Hymnen oder vorsichtige Weiterentwicklung? Art Brut haben sich für Hits is? Hymnen entschieden. Aus Deutschland haben sie Dieter Bohlens Eigene-Songs-hinter-berühmten-Titeln-verstecken-Methode mitgebracht. Nein, „I Will Survive“ ist nicht Gloria Gaynors After-Work-Party-Gemütsaufheller, nein, „Jealous Guy“ ist nicht der alte Whistle Test von Lennon & Ferrv, und leider versucht sich „Nag Nag Nag Nag“ nicht an Cabaret Voltaires Elektro-Sägezahn, der hatte ja auch ein „Nag“ weniger.

Mamacs und Euphoriker wie Art Brut beweisen, dass Pop den angeblich unaufhaltsamen Prozess des Alterns außer Kraft setzen kann. Nur weil wir nicht altern wollen wie ihr, machen wir den ganzen Scheiß (danke, Frau Rösinger). Wer will schon fett werden vor lauter Liebe? „People in love He around and get fat, I don’t want us to end up like that.“ Kein Song, in dem Eddie Argos nicht ansingt gegen die Zwangsvernunft des Erwachsenwerdens, gegen blöde Einsichten in blöde Notwendigkeiten. „Don’t care what your parents say!“ Das Problem: Groß(mäulig)e Gesten brauchen groß(mäulig)en Sound, hope I die before I get o!d muss auch klingen wie bei The Who 1965, wie bei Art Brut 2005.

Hier aber geht der Sound nicht mehr Brut-steil over the top, sondern stark in die Breite. Ohne die hysterischen Dexy’s-Momente der ersten Platte verliert Eddie Argos‘ Phrasendrescherei rapide an Charme. Zu viel deutsches Bier? „Punkrock ist nicht tot“ singen sie in „St.Pauli“, das wird die deutsche Fanbase erweitern, klingt aber schwer nach „Pubrock ist nicht tot“.

Noch sind Art Brut nicht so anachronistisch wie Daltrey & Townshend, wenn sie „My Generation 07″ zum Besten geben, aber das Undertones-Syndrom lauert. Die wollten auch nicht ablassen von“More Songs About Chocolate And Girls“. Aber die Begeisterung für Schokoriegel ist nun mal endlich, und wenn man die erste Frau erlebt hat, wird das mit den Girls a bit complicated.

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