Bad Religion :: The Process Of Belief
Nichts Neues und allzu Bewährtes von den Punkrock-Pädagogen
Bad Religion haben schon so manchen Fehler gemacht: Gemeinsam mit Campino haben sie die Hände zum Himmel gereckt und „Fa-fa-fa-fa-raise-your-voice!“ geplärrt. Sie haben eine ziemlich peinliche deutschsprachige Version vom „Punk Rock Song“ aufgenommen. Sänger Greg Graffin (Zoologie-Dozent!) war und ist der Oberlehrer unter den Melodie Punks. Dazu braucht er weder eine Hornbrille, noch Konzeptalben von Pere Ubu oder Zorn.
Ein weiterer Fehltritt: Die beiden letzten Bad Religion-Platten waren armselig. Man konnte die Leute verstehen, die behaupteten, man müsse „die neue Bad Religion“ gar nicht hören, weil ohnehin wieder dasselbe drauf ist wie auf der letzten. Und: Bad Religion haben jahrelang auf Gitarrist und Co-Songwriter Brett Gurewitz verzichtet. Das ist ungefähr so, als hätten Black Flag Henry Rollins oder die Dead Kennedys Jello Biafra gefeuert.
Fehlerlos – und das muss auch mal gesagt werden – waren die frühen Bad Religion: „Suffer“ und „No Control“ wurden selbst von Parade-Punks und Hardcore-Puristen ernst genommen, sogar „Stranger Than Fiction“ war noch gut, und das T-Shirt mit Band-Logo verärgerte den Religionslehrer.
Auf „The Process Of Belief“ klingen Bad Religion 22 Jahre nach der Gründung wie ihre eigene Coverband. Man kennt jedes Ächzen, jedes Quietschen aus Gurewitz‘ Gitarre, jeden Trommelwirbel, die grundsympathischen, an das „soziale Gewissen“ appellierenden, immer etwas betroffenen Texte, die Hochgeschwindigkeitshymnen und die Männerchöre. Schlimmer als zuletzt konnte es nicht mehr werden, und tatsächlich geht es auf den 14 neuen Stücken aggressiver, beherzter und, ja, auch einfallsreicher zu, als noch im Vorfeld erwartet. Mit „Epiphany“ und „Sorrow“ werden gar neue Wege beschritten.
Könnte gut sein, dass die Kalifornier noch als Opas auf der Bühne stehen. Konzertbesucher, die dann in der Lage sein werden, sämtliche Titel zu unterscheiden und den voraussichtlich 37 Langspielplatten zuzuordnen, wird man anerkennende Blicke zuwerfen und auf die Schulter klopfen. Ach ja: Der letzte Song auf „The Process Of Belief heißt „Bored And Extremely Dangerous“. So ungefähr. Vielleicht ist auch die Gemütslage des Hörers gemeint.