Band Of Horses :: Mirage Rock
Westcoast-Pop und (Country-)Rock, wuchtig in Szene gesetzt
Und sie sahen diesen gewaltigen Felsen … oder doch nur eine gewaltige Illusion? Nach der doch eher quälenden Aufnahmeprozedur für das letzte Album, „Infinite Arms“, waren Band Of Horses vermutlich ziemlich froh, mit einem Produzenten ins Studio zu dürfen, der seit über 40 Jahren dafür bekannt ist, realitätsnah nicht lange zu fackeln. Glyn Johns, Mr. Classic Rock schlechthin, gerade 70 geworden, braucht nach wie vor nur drei halbwegs gute Mikros, um ein Schlagzeug tatsächlich wie ein Instrument klingen zu lassen. Ist er vielleicht sogar der „restless old man“, den Ben Bridwell zum Spieluhren-Folk von „Shut-In Tourist“ besingt?
Erst mal aber schlägt das Quintett auf „Mirage Rock“ mit dem Kracher „Knock Knock“ frohgemut lärmend los, so als wolle es auch gleich mal sämtliche Ambitionen ausknocken, die da noch vom Vorgänger in der Luft lagen. Ganz schaffen sie das nicht. Und so zünden Band Of Horses mittendrin im zivilisationskritischen „Dumpster World“ eine Kerze für die Leidenden und Schwachen an, bevor der schwebende Westcoast-Pop auf den Spuren des berüchtigten Softrock-Trios America vorübergehend in einem schwer rockenden Refrain dran glauben muss. Sonst beerbt die Band mal die Stones (in der blassen Road-Episode „The Motor“), mal den Indie-Korpus (im frenetischen „Feud“) und entwickelt eine Ahnung von Country-Rock. „Guess what“, singt Bridwell dazu in „How To Live“, „you’re getting old, still you gotta grow …“
Hier wachsen die Bäume fast in den Himmel, wenn sie dem Glanz ihrer Melodien und Harmonien in vorwiegend akustischem Ambiente vertrauen, auch bei „Slow Cruel Hands“ und „Everything“. Aber die Krönung sparen sie sich fürs Finale auf. „Long Vowels“ klingt wie der Country-Song, den Gram Parsons dann doch noch für die Eagles geschrieben hat. Und „Heartbreak 101“ taucht das Bekenntnis auf dem Highway in ein so einfaches wie delikates Arrangement aus E-Gitarre, Cello und Pizzicato-Streichern. Ein Felsen? Eine Illusion? Band Of Horses sind einfach mal raufgeklettert. Schöne Aussicht(en) von da oben. (Sony) Jörg Feyer
Beste Songs: „Slow Cruel Hands“, „Long Vowels“