Barenaked Ladies – Maroon

Ist es Zeit, erwachsen zu werden? Ernsthaft? Gibt es jetzt keine Witze mehr, kein „One Week“, keine Britney-Satiren mehr bei den Live-Shows? Schwören die Barenaked Ladies, einst die lustigste Band der Welt oder zumindest Kanadas, nun dem Spaß ab, um endlich für voll genommen zu werden? Ach was. Entwarnung. Die Kanadier bringen in einem Song immer noch ein Dutzend Wortspiele unter, wenn sie wollen. Zwischendurch wird es bei ihrem sechsten Album zwar immer wieder finster, aber das war früher nicht anders.

Die Ladies beschäftigen sich eben mit den wichtigen Dingen des Lebens: Bei „Go Home“ empfehlen sie ihren Kollegen, sofort jede Tournee abzubrechen, wenn die Freundin/Frau ruft. Oder die Sehnsucht. Sie spielt ohnehin eine große Rolle auf „Maroon“. Sehnsucht, dass endlich etwas passiert oder dass man sich aufraffen kann, etwas passieren zu lassen („Never Do Anything“). Sehnsucht, ein anderer zu sein, woanders zu sein („Pinch Me“). Es ist vornehmlich Steven Page, der diese melancholischen Momente besingt: „It’s the perfect time of year/ somewhere far away from here…“ Zweitsänger Ed Robertson ist eher für die schnellen, irrwitzigen Tracks zuständig.

In „Seil Seil Seil“ machen sich die fünf über den Zusammenschluss der Platten-Multis Gedanken, der auch ihre Band betraf. Page gibt zu, eine „perverse Freude am Business zu empfinden, weil sich die smarten Geschäftsleute immer so wundern, wenn Musiker mal Bescheid wissen“. Und Bescheid wissen sie. Sie kennen den Soul („Conventioneers“), sie lieben den Pop, erzählen zwischendurch kleine Folk Geschichten, und am Ende – nach all den lebensbejahenden, aufbauenden Liedern – schocken sie mit einem Epos über den Tod: „Tonight Is The Night That I Fell Asleep At The Wheel“ beschreibt mit grandioser Detailgenauigkeit, wie ein Mensch bei einem Autounfall stirbt. Es sind kleine Beobachtungen, die einem das Gefühl geben, man säße daneben. „From the ceiling my coffee cup drips / While out my window the horizon has flipped“, erfährt man, und: „The worst part was hitting the ground/ Not the feeling so much as the sound.“ Woher weiß Page das überhaupt?

Sie ist einem ein Rätsel, diese lustige, ernsthafte, äußerst musikalische und niemals coole Combo aus Kanada. Nur soviel ist sicher: Wer sich von ihrem unscheinbaren Auftreten täuschen lässt und sie als simple Bar-Band abtut, der macht einen schweren Fehler.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates