Barry Brown – Rich Man, Poor Man 1978-80 :: Moll-Selekta
In seiner großen Zeit nannten sie ihn „The Jamaican Bob Dylan„. Das sollte man sich jedoch nicht zu klischeehaft vorstellen: Barry Brown stand nie näselnd mit einer Gitarre auf der Bühne, der amerikanische Folk-Blues dürfte ihm ebenfalls fremd sein. Der 1962 geborene Reggae-Sänger und Songschreiber war allerdings mit Songs wie „Step Up Youthman“, „Politican“ oder „Put Down Your Guns“ von Anfang an ein Kämpfer für soziale Gerechtigkeit Ein gläubiger Pazifist, der die Doppelmoral der Jamaika-Politiker ebenso anprangerte wie den Verfall traditioneller Werte und dabei nie in platte Parolen abrutschte, sondern für seine Kritik immer einen poetischen Zugang fand.
Die vorliegende Werkschau von Barry Browns produktivster Schaffensphase versammelt viele Highlights. Es gibt allerdings auch einige Tracks, deren Riddims schon einem Dutzend anderer Reggae-Vokalisten als Untermalung dienten. Das aus gutem Grund: Die Begleitbands sind das Beste, was Jamaika in den Siebzigern zu bieten hatte: Roots Radics, Revolutionaries, High Time Players und die Aggrovators mit Sly & Robbie. Aufgenommen wurde im Channel One, abgemischt in King Tubby’s Studio. Das kann man hören: Bass und Schlagzeug winden sich kraftvoll und dabei ausgesprochen elegant durch ein Meer von Echos und verhallten Percussion-Effekten. Es ist also ein gewaltiger, schwerer Hintergrund, vor dem Brown vom Niedergang Babylons berichtet.
Die „erste und die letzte Musik“ wird Reggae von seinen Anhängern genannt. Die Stücke von „Rich Man Poor Man“ wirken manchmal, als würde hier tatsächlich Gericht gehalten über das Böse in der Welt. Ein feierlicher Ernst, aber auch eine große Leidenschaft und Hingabe schweben über den 14 Songs. Brown mag kein Big Youth sein und auch kein Horace Andy, aber eine Klasse für sich ist er allemal.