Belle & Sebastian – Storytelling
Frühlingserwachen im Ministranten-Pop-Wald. Stuart Murdoch lässt sich seine verträumten Miniaturen auf den Bauch scheinen. Und Isobel Campbell spielt derweil Halma mit einem Reh. Kein ungewöhnliches Bild also. Und doch ist auf dieser Platte alles etwas anders. Denn eigentlich waren die neuen Songs als Soundtrack zu Todd Solondz‘ Film „Storytelling“ gedacht. Der aber erachtete die meisten B&S-Kompositionen lediglich als „great, but not right for the movie“. Etwas trotzig entwickelten Murdoch und seine Kollegen die nun brach liegenden Skizzen weiter. Im Ergebnis liegen 18 Stücke vor, von denen fünf kurz eingespielte Filmdialoge, sieben andere rein instrumental sind.
Wenn auch nicht ohne Reiz: Irgendwo klimpert ein Piano, dazu gezupfte Streicher und Bläser. Das Fähnlein-Fieselschweif-KoUektiv führt zweiminütige Schüttelfrostmelodien auf. Die sich gelegentlich allerdings anhören, als sei Richard Claydermann auf Hans-Jürgen Büchner getroffen. In solchen Momenten vermisst man das ingeniöse Songwriting der EPs Jonathan David“ und „I’m Waking Up To Us“. Die galligen Texte, das Resolute und Ergreifende. Erst der Titeltrack bringt die Platte wieder etwas auf Kurs. „If you’re a storyteller/ You might think you’re without responsibility“, kritisiert die Sängerin. „Have you ever considered the way/ People might react to all the things that your characters say?“ Und wird tatsächlich noch böse: „Are you sick?/ Are you crippled?“ Das Stück hat alles: eine völlig windschief gesungene Melodie, verärgerte Lyrics und die obligatorischen Zirkuströten zum Ende hin. Nett auch „Scooby Driver“, ein kleiner Zeltlager-Rock, oder das ungewohnt feurige „Wandering Alone“.
Die Platte schließt mit „Big John Shaft“ – Trompeten, Streicher und Handclaps inklusive. Murdoch singt: „Put me in a frock and leave me to recite/ Maybe my career will die.“ Das gewiss nicht. „Storytelling“ ist eine unsichere Zwischenlandung, das Gesamtkonzept aber weitgehend gelungen. Es packt nur nicht mehr so zu wie früher.