Ben Kweller – Ben Kweller
Wenn er sich jetzt noch eine richtige Frisur schneidern lässt, passt alles. Er sieht noch immer wie eine Astrid-Lindgren-Figur aus, aber Ben Kweller will mit 25 nicht mehr der kleine, komische Ben sein müssen, was man verstehen kann. Es sind natürlich nur die, die ihn früher besonders lieb gehabt haben, die von seiner dritten, ganz wunderhübschen Platte ein wenig enttäuscht sind. „Ben Kweller“ klingt außerdem, als ob die Sonne von L.A. zum ersten Mal die weißen New Yorker Bäckchen berührt hätte (hat sie übrigens gar nicht). Der Gesang ist so süß, die Lieder laufen auf der Sonnentreppe hoch und runter, die Power-Riffs und sanften Hämmereien am Klavier spielt einer, der bei Fleetwood Mac hätte mitmachen dürfen. In Wirklichkeit ist die Platte allerdings viel bettkantenmäßiger entstanden als die anderen von Kweller. Tatsächlich hat er alle Instrumente selbst gespielt und eine gut funktionierende Band vorgetäuscht. Leicht melancholisch verwölkt, aber insgesamt sehr vertrauenerweckend, stimmungshebend, irgendwie verliebt: „I wait, I wait/ For something good, for something great.“
Wie Ben Kweller früher war: der Typ mit Zahnbürste im Mund, der in Ruhe „Planet der Affen“ im Fernsehen sehen wollte. Dessen Songs so groß waren, weil sie auf der dünnen Linie zwischen Loser-Bekenntnis und der Selbstinszenierung als Sitcom-Figur tanzten. Vor zwei Jahren, auf „On My Way“, sang er von den verzweifelten Versuchen, trotz geringer sozialer Talente ein normaler Mensch zu sein, und wurde teilweise sehr aggressiv dabei. Die Aura des frühen Elvis Costello, herrlich in die Brooklyner Ein-Zimmer-Wohnungen des neuen Jahrtausends hinein übersetzt.
Jetzt, und das wird sogar von der Plattenfirma bekanntgegeben, zieht es Kweller mehr in Richtung Tom Petty und Bruce Springsteen – das geht so weit, dass er in „Thirteen“, einem dramatischen Piano-Liebeslied an seine Ehefrau, die Mundharmonika exakt so spielt wie Springsteen in „Thunder Road“. Der Kleine imitiert die Großen, vielleicht weil er hofft, dadurch dem Fluch zu entwischen, dass Singer-Songwriter seines Kalibers heutzutage meist als zerknautschte Indie-Typen wahrgenommen und vermarktet werden.
Diese Flucht wird nicht klappen. Trotzdem sind Kweller hier – bei allem Genörgel – elf ansteckende Hits gelungen, für die jede Mitfahrgelegenheit ihre Autoradio-Compilation eintauschen wird. Bei „O.C., California“ kommt er damit aber nicht ins Programm. Denen ist das zu mainstreamig. (