Ben Watt

Fever Dream

Der Brite mit den schönen Songs lässt dem Verzerrer Bernard Butler und den anderen Musikern etwas zu viel Freiraum

Ben Watt macht es einem nicht immer leicht. -Zunächst ließ uns die männliche Hälfte von Every-thing But The Girl 31 Jahre lang in Erwartung eines Nachfolgers zu seinem schüchternen New-Wave-Bossa-nova-Debüt „North Marine Drive“ schmoren. „Hendra“ entpuppte sich vor zwei Jahren dann als eine Art Alterswerk und Kleinod, allerdings mit dem Manko, dass Bernard Butler sein Gitarrenspiel zu präsent dort einbrachte, wo es gar nicht nötig war.

Nun kommt es noch dicker mit dem Ex-Suede-Mann: Vollführte er auf „Hendra“ noch Dire-Straits-artige Gitarrenfiguren à la „Private Investigations“, tobt er sich auf „Fever Dream“ hemmungslos aus und übt sich im Verzerren, alldieweil ihm Watt „Pentangle meets Crazy Horse!“ zuruft. Das mutet tatsächlich oft an wie ein Fiebertraum und erinnert dabei an „Head Like A Rock“, Ian McNabbs Ausflug mit Neil Youngs Band im Jahre 1994. Ein Song hieß damals „Still Got The Fever“. Aber auch den anderen Mitmusikern, zu denen sich als Neuzugang Rex Horan am Kontrabass gesellt, lässt Watt auf diesem selbst produzierten Werk viel Spielraum. Aus Ben Watt ist inzwischen die Ben Watt Band geworden. Schade, wenn auf diese Weise seine schöne Stimme in den Hintergrund gedrängt wird. Ach, „Winter’s Eve“ hätte so wunderbar ein Dasein als Pianoballade führen können. Musikalische Berührungsängste hat der 53-jährige Brite, von dem 1983 keiner ahnen konnte, dass er im Nebenberuf mal ein anerkannter House-Music-Produzent sein würde, zumindest nicht. Weitere Assoziationen: Doobie Brothers, Steely Dan, Santana, Yachtrock.

Aber natürlich erkennt man immer noch die Schönheit seiner Songs, man muss nur ein bisschen scharren. Von den Kompositionen her knüpfen einige Tracks wie „Between Two Fires“ und „Bricks And Wood“, die man sich gern von Tracey Thorn hingehaucht vorstellt, an das fünfte EBTG-Album, „The Language Of Life“ an, 1990 von Jazzkoryphäe Tommy LiPuma produziert und natürlich seinerzeit entsprechend arrangiert. Damals wie heute: Melancholy adulthood.

Doch aller nervösen Unruhe wird am Ende Einhalt geboten. Der pastorale Gesang von Marissa Nadler beim Duett „New Year Of -Grace“, Folk mit leicht asiatischem Einschlag, bildet einen versöhnlichen Abschluss. Und plötzlich ist alles gut.