Benjamin Quabeck hat mit „Verschwende deine Jugend“ eine NDW-Komödie gedreht :: Live und ohne Luftballons
Mancher Musikjournalist war etwas irritiert. Mit Jürgen Teipels gleichnamigem Buch hat der Film nichts zu tun. „Verschwende deine Jugend“ ist eine Coming-of-age-Komödie im Münchner Musikermilieu am Anfang der 80er Jahre und der Neuen Deutschen Welle und erzählt von einem forschen Sparkassenangestellten, der als Bandmanager das unbekannte Trio Apollo Schwabing im Vorprogramm von DAF unterzubringen versucht.
Ralf Hertwig, ehemals Mitglied von Palais Schaumburg, und Kathrin Richter hatten bereits das Filmskript unter diesem Arbeitstitel fertig, die Produzenten Jakob Claussen und Thomas Wöbke als Regisseur Benjamin Quabeck engagiert, als Teipels Doku über den frühen deutschen Punk erschien. Da es sich bei dem Titel ohnehin um ein Stück von DAF handelt, war die Überschneidung zunächst nicht wichtig. „Aber keiner konnte ahnen, dass dieses Buch so erfolgreich werden würde“, erzählt Quabeck. Obwohl die Filmemacher bemüht erklärten, „dass unser Projekt keine Verfilmung ist“, war das Missverständnis nie ganz auszuräumen. So blieb der Filmtitel noch bis vor kurzem vakant.
Für Quabeck war dieses Problem auch eher unbedeutend. Denn mit „Verschwende deine Jugend“ hat der 27-Jährige die erste Großproduktion nach seinem viel gepriesenen und prämierten Debüt „Nichts bereuen“ von 2001 gestemmt. Claussen und Wöbke, die Quabecks erklärtes Vorbild Hans-Christian Schmid („Crazy“) produziert und ein Gespür für Talente haben, boten ihm diesen Job bereits bei der Preisverleihung auf dem Münchner Filmfest vor zwei Jahren spontan an. Er sagte sofort zu und hat es auch nicht bereut. Sie hätten ihn seinen Film machen lassen, was bereits mit dem Feinschliff am Drehbuch begann. Er habe „keine NDW-Klamotte und auch keinen reinen Musikfilm“ inszenieren wollen und rückte darum die von Tom Schilling gespielte Figur Harry in die Mitte der Story. „Harry ist ein bisschen wie ich, wie er sich verbeißt, alles in Kauf nimmt, um seinen Traum zu verwirklichen.“ Als er „Nichts bereuen“ drehte, war Quabeck auch die Filmakademie egal.
Etwa vier Millionen Euro hat der Film gekostet, was hier zu Lande schon ein beträchtliches Budget ist. Unangenehmen Erfolgsdruck hat Quabeck allerdings nicht gespürt. „Den haben Claussen und Wöbke von mir fern gehalten“, obwohl sie zuletzt einige Flops hinnehmen mussten wie „Was tun, wenn’s brennt“ und, Anatomie 2″. Eine gewisse Nervosität sei ihnen manchmal anzumerken gewesen, „aber die beiden sind Kinoliebhaber, die keine Entscheidungen für die Charts treffen, wenn es dem Film selbst schadet“. So schrieb die Songs für die Filmkapelle Apollo Schwabing der Sonderling Lee Buddah, von dem auch der Score zu „Nichts bereuen“ stammt, nicht beispielsweise Curt Cress. Und DAF dürften einem Massenpublikum etwas zu obskur sein. „Mit Nena wären wir auf der sicheren Seite. Aber man darf nicht feige werden.“
Quabeck war zu jung für den Punk und New Wave oder die NDW-Auswüchse jener Phase und gesteht, er musste sich erst „in das Thema einlesen“. Er hat als Teenager in diversen Bands am Schlagzeug den Punkrock und Hardcore der Neunziger gespielt, ist über die Red Hot Chili Peppers zum Funk der Siebziger gekommen. Daher ließ er die Konzerte im Film auch live einspielen. Mit Robert Stadlober, der den narzisstischen, übersensiblen Gitarristen und Sänger Vince darstellt, hat er dafür natürlich eine Idealbesetzung. Jessica Schwarz musste Bass lernen, Marion Kittel übte Schlagzeug. Über acht Wochen wurden die vier Songs geprobt. Nach den Dreharbeiten bedeuten solche Live-Aufnahmen viel Arbeit bei der Tonmischung und dem Schnitt.
Zwei Jahre hat Quabeck nun an „Verschwende deine Jugend“ gearbeitet, „manchmal war ich 40 Stunden auf den Beinen, da man einen Film über die 80er Jahre ja nicht einfach mal eben so auf der Straße drehen kann“. Und da die Gage für einen jungen Regisseur bei seinem zweiten Kinofilm knapp bemessen ist, drehte er nebenbei zwei Videos für die Berliner Band Virginia Jetzt! Und obwohl er noch immer mal einen „fetten Sci-Fi-Film“ drehen will, plant er als nächstes einen „kleineren, harten Film, einen wie ich ihn mir selber gerne angucke“.
Sehenswert ist „Verschwende deine Jugend“ ebenfalls. Romantische, authentische Unterhaltung mit trefflichen Pointen über die Allüren von Gabi Delgado und Musikkritiker. Und mit einem Hinweis im Presseheft kommt auch Jürgen Teipel zu Ehren.
„The Cover Art Of Blue Note Records“ (Collins & Brown, ca. 25Euro) von Graham Marsh und Glyn Callingham ist ein Selbstläuf er, gilt das Jazz-Label doch als Manufaktur für cooles Design. Rund 500 Beispiele für innovativen Umgang mit Primärfarben und Typographie finden sich hier. Ein Fest für Ästheten. 4,5 „The Stones 1965-1967“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf, 30 Euro^versammelt die berühmten Fotografien von Gered Mankowitz. Die Stones zwischen R&B-Bravado und Hit-Abonnement. Die Aufnahmen, vornehmlich schwarzweiß und ungestellt, gewähren Einblicke ins Private, zeigen die Band live, bannen die Hysterie, aber auch die zunehmenden Spannungen zwischen den Protagonisten. Brian Jones beginnt sich zu isolieren, Mick Jagger hält den wilden Haufen zusammen. Aufschlussreich auch die Fotos aus den Studiosessions zu „Betweens The Buttons“ und „Their Satanic Majesties Request“, Marianne Faithfull in Wort und Bild, Paul Mc-Cartney schaut vorbei, Stu noch mit Quift Have you seen your brother, baby, standing in the shadow?4,5 1965-1967 Musikbücher