Big Star – No. 1 Record

„I never travel far without a little Big Star“, reimten die Replacements 1987 in dem Song „Alex Chilton“ auf ihrem Album „Pleascd ToMeetMe“ und huldigten damit ihrem Idol so weit, dass sie die Ode als Single veröffentlichten. Der Name des besungenen Kollegen war, wie seine Band, zu der Zeit allenfalls noch einer kleinen Gemeinde von Verehrern bekannt. Neben Paul Westerberg, der mit seinen Kollegen aus besagtem Song einen der hinreißendsten Pop-Ohrwürmer ihres Meisterwerks machten, bekannte sich dazu unter anderen auch Peter Bück.

Trotzdem waren Big Star jahrzehntelang bestenfalls ein Geheimtipp, als Rykodisc sich 1992 der Platten dieser recht obskuren Band anzunehmen begann, gleich auch noch das einzige Solo-Werk von Chris Bell aus dem Archiv holte und ganz stolz veröffentlichte. Amüsiert durfte man ab sofort registrieren, dass sich Kritiker nicht darauf einigen mochten, welche der drei Platten denn nun wirklich die beste oder aber das Meisterwerk war. Die introvertiert-depressive Songkollektion „Third/Sister Lovers“ galt den einen als Chiltons Meisterstück, das Debüt „No. 1 Record“ vielen anderen dafür als der ganz große Power-Pop-Klassiker. Aber dann waren da immer noch einige Zeitgenossen, die mit triftigen Argumenten untermauern wollten, dass „Radio City“ mit solch perfekten Popsongs wie „Back Of A Car“, „September Gurls“ und „I’m In Love With A Girl“ die wahre Großtat der Band dieses Namens ist und „Third“ mehr ein Solo-Album von Chilton.

Die Originalplatten waren immer wieder mal weltweit nirgends käuflich, allenfalls zweifelhafte Best-Of-Sampler zwischenzeitlich erhältlich. Als Rhino letztes Jahr die Veröffentlichung des Box-Sets „Keep An Eye On The Sky“ plante, ging man offenbar davon aus, dass jeder, der sich für dieses luxuriöse Sammlerstück interessierte, ohnehin Big Star-Fan sein dürfte, also zumindest im Besitz der kompletten, öfter als „twofer“ gekoppelten ursprünglichen Aufnahmen der ersten beiden LPs sein sollte. Deshalb tauchten in diesem Set fast alle Aufnahmen der Debüt-LP nur in Alternativ-Takes und -Mixes auf, viele der Folge-LP ebenfalls.

Bei Universal wiederum zögerte man wegen der Veröffentlichung dieses Sets, die einzeln von Concord/Fantasy auf CD remastered vorgelegten ersten beiden Platten zu importieren. Alle Skrupel beiseite, befand man sie bei der Katalog-Abteilung von UMG jetzt doch noch als an offer you can’t refuse. Vielleicht hatte die Entscheidung auch damit zu tun, dass man nach dem Erfolg der Beatles-Remaster denn doch nicht die Platten jener Band unter Verschluss halten mochte, die schon Jahre vor Chris Stamey und den dB’s, Robyn Hitchcock und Elliott Smith als ungemein gelehrige Schüler der Fab Four ganz wunderbare Musik gemacht hatten. Solche „beatlesquen“ Momente enthielt sogar das in seiner düsteren Stimmung eher an Neil Youngs „Tonight’s The Night“ erinnernde denn an die ersten LPs anknüpfende „Third/Sister Lovers“. In den Liner Notes verweist Kris Needs darauf, wie Big Star-Songs wiederum als Blaupause für neue Stücke der Fleet Foxes identifizierbar sind.

Als Columbia den Vertrieb des Stax-Katalogs übernahm, verschwanden umgehend alle Big Star-LPs landesweit in Billig-Grabbelkästen. Jetzt kann man sie im Original, von George Horn in den Fantasy Studios in Berkeley remastered, wieder kaufen. Mit nur jeweils einem einzigen Bonus-Track. Dafür klingen all die Songjuwelen wie „Watch The Sunrise“ mit mehr Grundtonwärme noch berückender denn je zuvor.

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