Biörk – Volta

Ja, manchmal nervt sie kolossal, vor allem die Zisch-Einatmung, aber es gibt einfach nicht so viele Leute von ihrer aufregenden, an fast unbewohnten Lichtungen wandelnden Art, als dass man sich dies hier ersparen könnten. Der schlimmere Einwand gegen die Isländerin Björk wäre ja, dass sie eigentlich keine Inhalte hat, ihre Kunst nur um der Kunst Willen macht, Auch wenn das anhand unserer nackten Vorab-CD-R schwer zu beurteilen ist – „Volta“ erscheint als absolut magische Erzählung, als sorgfältig verspanntes Musik-Narrativ über Technik, Natur und die Liebe in den Zeiten des UFO-Linienverkehrs, und auch ohne ein Wort zu verstehen: mal wieder eine von Björks allerbesten Platten.

Eine, die viel mehr oberflächlichen Spaß macht als die letzten, weil die Leitmotive auf „Volta“ keine technischen sind wie vorher der Laptop oder das A-cappella-Prinzip, sondern konkrete Klangquellen: die brickernden Buschtrommel-Beats von Hip-Hop-Senior Timbaland, die blechernen bis Waldhorn-dumpfen Bläser eines isländischen Ensembles, die spitze Kora-Harfe von Tournani Diabate aus Mali, der Cordsamt-Bariton von Antony Hegarty. Björk lässt sie im Lauf der Platte verschwinden und wieder auftauchen, steckt sie in unterschiedliche Kombinationen, so dass die Stimmung schwankt wie ein Bötchen im Walmeer und doch alles gut hörbar zusammenhängt.

Der schönste Traum: wie Björk sich bei „Dull Flame Of Interest“ erst in die eigene zweite Stimme und dann in Antony verschlingt, ein freischwebend schwellendes Liebeslied, wie man es noch nie gehört hat. Der schwerste Schlag: „Declare Independence“, eine satanisch übersteuerte Pseudo-Agit-Hyperventilation mit Gabba-Bass-Drum. Dabei geht es nicht um die Extreme: „Volta“ fließt vom einen durchs andere hindurch, ein Werk, das zugleich kurzweilig und ambitioniert ist, am glitschigen Kamm zwischen Waidmannsmusik und Free Jazz und ähnlichen Begriffspaaren. Etwas melancholisch auch. So einfach zu lieben war Björk schon lange nicht mehr.

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