Blondie – Livid :: Ein mäßiges Greatest-Hits-Destillat gelungenen Comeback
Blondie sind immer für eine Überraschung gut: Erst hört man 17 Jahre überhaupt nichts, dann setzt es nicht nur das, tja, Comeback des Jahres 1999, sondern auch fast schon stapelweise Live-Platten. Im Juli brachte die EMI im Fahrwasser des Chart-Abräumers „Maria“ eine Bühnenreminiszenz aus den Jahren 79/80 mit dem schlichten Titel „Live“ auf den Markt. Sehr zum Ärger der Band um Debbie Harry und den ja wieder genesenen Chris Stein, die umgehend einen Rechtsstreit vom Zaun brachen. Schließlich wollten sie das gerade erschienene ,J*ivid“als erstes Blondie-Livealbum aller Zeiten verkaufen und deutlich von der Bootleg-Flut der frühen 80er Jahre abheben. Das ist viel Lärm um nichts: Aufnahmen, zwischen denen 20 Jahre liegen, kann man schließlich kaum ernsthaft miteinander vergleichen.
Außerdem ist „Lind“ sehr vordergründig als live eingespielter „Best-Of“-Sampler konzipiert. Außer fünf Stücken des Comeback-Werks „No Exit“ finden sich nur die üblichen Verdächtigen wieder – von „X-Offender“, Blondies erster Single aus dem Dezember 1976, bis „Sunday Girl“ und „Heart Of Glass“. Mit Ausnahme des fast zu Tode nachbearbeiteten „Maria“ passt sich das neue Material erstaunlich nahtlos zwischen den Klassikern ein. Vor allem „Screaming Skin“ und „Forgive And Forget“ werden von Drummer Clem Burke gnadenlos nach vorne getrieben. Auch „Under The Gun“ entwickelt erst in der Live-Version seine eigene Dramatik. La Harry bewegt sich besonders bei dieser Hommage an den Gun Club-Kopf und Blondie-Proteg£ Jefferey Lee Pierce souverän durch die Register und nimmt die leichten Brüche im Hochtonbereich gelassen hin, die einer 54-Jährigen ja zustehen. Die wütende Energie etwa, mit der sie das
Punk-Stück „Rip Her To Shreds“ vor ihrer allzusehr auf Mainstream-Rock programmierten Band rettet, hat nicht jeder Mittfünfziger am Mikrofon zu bieten.
Während die Frontfrau wie in besten Tagen zwischen der ätherischen Kühle einer Michelle Pfeiffer und Marilyn Monroes billiger Sinnlichkeit changiert und auch mal ein Stück wie „Atomic“ völlig versenkt, setzen die Instrumentalisten auf blinden Perfektionismus, der dem Genre nicht unbedingt angemessen ist. Und wenn man den Blondie-Sound mit aller Macht aufdonnern musste, dann hätte Jimmy Destri doch auch seine musealen Keyboard-Sounds entstauben können. 2,5