Bob Dylan

Greatest Hits: Volume 3

Col (Sony Music)

Die letzte offizielle Greatest-Hits-Platte von Bob Dylan erschien 1971. Die Auswahl auf diesem Album umfaßt die Zeit von 1973 bis 1989. Es ist also schlechterdings unmöglich, die Zusammenstellung als Überblick über eine noch so weitgefaßte „Periode“ zu betrachten. Und „Greatest Hits“ stimmt auch nicht ganz -Bob Dylan hat schon lange keine Hits mehr. Noch nicht mal Weihnachtsgeschäfts-Absahne möchte man der Plattenfirma unterstellen. Kaum vorstellbar, daß die Leute nun auf einmal Dylan-CDs kaufen wie geschnittenes Brot So what?

Die 14 Stücke gehören sicher zu Dylans besten, es hätten aber auch ganz andere dabeisein können. Natürlich müssen die Klassiker „Knockin‘ On Heaven’s Door“ und „Forever Young“ vorkommen, der Rest wirkt auf den ersten Blick etwas beliebig zusammengestellt. Auf den zweiten zeigt sich, daß ein paar Facetten (bewußt?) zu kurz kommen. Der Liebes-Dylan zum Beispiel taucht kaum auf, der Jesus-Dylan wird mit einem Song von „Slow Train Coming“ abgehakt, vom Sozial-Dylan bleibt nur der Song für das Justiz-Opfer Rubin, „Hurricane“ Carter.

Diese Platte zeigt Bob Dylan vor allem als Mystiker, als Nomaden, der die Musik des Zufalls pfeift. Sein Spätwerk ging er unter veränderten, aber günstigen Bedingungen an. In den 70er Jahren bröckelte die politische Front der Linken. Seitdem steht ihm keine „ganze Generation“ mehr im Rücken, die ständig weiteren Protest-Kitsch von ihm fordert. Seine Fans haben sich damit abgefunden, daß sie es mit einem Starrkopf zu tun haben, und kaufen treu weiter. Dylan ließ sich in seinen Songs treiben. Sie spielten bevorzugt an mythologischen Orten wie dem Felsen von Gibraltar, den Hügeln von Jerusalem oder einer Bar im Mittleren Westen. Stationen einer planlosen Reise wie in dem Eröffnungs-Stück „Tangled Up In Blue“ beschrieben. Und auch im wirklichen Leben wurde er immer rastloser: Die „Never Ending Tour“ läuft nun seit über fünf Jahren ohne Unterbrechung.

Lauter gefundene und wieder verlorene Leute streunen in diesen Songs herum – Claudette aus „The Groom’s Still Waiting At The Altar“ ist seit Monaten verschwunden, vom „Brownsville Girl“ gibt es nur noch die Erinnerung an ihre Perlenkette. Dylans Thema ist immer das Abweichende, Andere. Und wenn er merkt, daß seine Outlaws sich völlig zu verlieren drohen, dann ruft er gerne spirituelle Instanzen an wie den Jokerman“, Jesus oder das Schicksal. Dann kann es schon mal hilflos kitschig werden. Aber das ist auch das Schöne an diesem Album: Sie läßt einen die zum Teil unglaublichen Ausfalle vergessen, die sich gerade in den letzten Jahren gehäuft hatten.

„Lieder der Erlösung“ hat Allen Ginsberg Bob Dylans Geschichten genannt Ab zusätzlicher Kaufanreiz ist ein ganz neuer, von Daniel Lanois produzierter Song auf der Platte. „Dignity“ ist ein absolut typisches Dylan-Stück: schlapper Rock-Beat, ein bißchen wie bei den Traveling Wilburys – und Dylan hat einen neuen Vorschlag zur Erlösung: „Sie alle suchen nach Würde.“ Kann man ja erstmal so stehenlassen.