Bobby Womack :: The Bravest Man In The Universe
Ein tolles, vorsichtig modernes Comeback des großen Soulman
Überschätzen wir dieses Album ruhig ein bisschen. Bobby Womack hat es sich verdient, nicht nur, weil der 68-Jährige mittlerweile tatsächlich so etwas wie der letzte Soulman geworden ist, als den er sich schon 1987 per Albumtitel erkannte. Zu Beginn des Jahres, als er erst wegen einer Lungenentzündung und dann einer Darmkrebsbehandlung im Krankenhaus lag, sah es ja auch so aus, als müsste man eher Nachrufe bereithalten, als sich noch einmal mit einer aktuellen Produktion beschäftigen.
Dass es allerdings auch ohne jeden Veteranen- oder Rührungsbonus schön gelungen ist, verdankt man Richard Russell, dem Chef von XL-Recordings. Immerhin liegt Womacks letztes amtliches Studioalbum 18 Jahre zurück. Russell hat seine Stimme – wie es ihm vor ein paar Jahren auch mit Gil Scott-Heron erfolgreich gelang – in ein vorsichtig modernistisches Umfeld aus poppigen Dubstep-Enflüssen gestellt, wobei ihm Damon Albarn zur Seite stand, der eine kenntnisreiche Nähe für offene, abstrahierende Texturen vor Kurzem in den hingejammten Afrobeats von Rocket Juice bewies. Allerdings könnte er hier für die beiden Schwachstellen verantwortlich sein, deren nicht unlustige, helle Dancehall-Sounds viel zu teenieflott unter Womacks lebensrauer, heiserer Soulkraft daherhoppeln.
Was Womacks Stimme jedoch ausgesprochen gut steht, sind die reduzierten, melancholischen Weiten, in denen er sich in den besten Tracks ausbreiten darf. Dort klimpern sparsam gesetzte, lose Klavierfiguren zu pausenverliebten dunkel pochenden Bässen und zischelnden Becken und Claps, man hört karge Geräusche, verrauschte Sprachsamples, brüchige Gitarrenfiguren und seltene Streicher, die effektvoll aus den hallvergangenen Songlandschaften aufsteigen. In diese freien Räume steigt Womack oft mit tiefer Gospelemphase und überbrückt dabei eindrucksvoll die historischen Spannen zwischen den Sphären. Sehnsüchtig, lebenskundig, erdenschwer – ein tolles Comeback. (Beggars)
Beste Songs: „Please Forgive My Heart“, „Sweet Baby Mine“