Bruce :: In der ersten autorisierten Biografie erfährt man interessante – und nicht nur schmeichelhafte – Details über die gesamte E Street Band

Der wahre Boss

von Peter Ames Carlin

Es ist kaum zu glauben, aber dies ist tatsächlich die erste von Bruce Springsteen autorisierte Biografie. Insofern darf man davon ausgehen, dass alle kleinen und großen Geschichten, die Anekdoten und Details wirklich stimmen – oder zumindest so erzählt werden, wie der Boss es sich wünscht. Er kommt allerdings nicht nur positiv weg. Gerade die Mitglieder der E Street Band sind sehr ehrlich in ihrer Kritik an der gelegentlichen Rücksichtslosigkeit ihres Visionärs. Und doch finden am Ende alle, dass sich jede Quälerei gelohnt hat. (Bei den Frauen ist es ähnlich.) Natürlich berichtet Peter Ames Carlin auch viel Bekanntes, gerade die „Born To Run“-Phase ist ja bereits gut dokumentiert, und doch ist die Lektüre faszinierend. Zehn Dinge, die ich vor „Bruce“ nicht wusste:

1. Janis Joplin war scharf auf Bruce Springsteen. Bei ihrem Konzert in Asbury Park 1969 sah er ihre gierigen Blicke – und floh vor ihrem letzten Song.

2. Als Steven Van Zandt erfuhr, dass er auf Springsteens Debüt nicht erwünscht war, legte er angeblich für zwei Jahre die Gitarre weg und arbeitete auf dem Bau. Bruce dazu: „Womöglich übertreibt er etwas. Vielleicht auch nicht.“

3. Springsteen ist ein schlechter Autofahrer. Als er 1976 mal von der Polizei angehalten wurde und keine Papiere dabeihatte, musste er ein „Born To Run“-Exemplar holen lassen, um sich auszuweisen.

4. Nach einem Streit über Kokain-Konsum auf der Tour 1978 (Bruce war dagegen) stellte er fest, das jedes E-Street-Band-Mitglied in „24 Stunden“ ersetzbar sei – außer Saxofonist Clarence Clemons, das „würde eine Weile dauern“.

5. Springsteen liebt das Fitnessstudio, weil er ein Fan von „sinnfreien, sich wiederholenden Abläufen“ ist.

6. Die Trauzeugen bei der Hochzeit von Bruce und Julianne Phillips 1985 waren Clemons, Van Zandt und Manager Jon Landau.

7. Als Springsteen 1995 die E Street Band wieder zusammenrief, flog Clemons so überstürzt von San Francisco nach New York, dass er nicht einmal mehr seine Geburtstagsparty in einem angesagten Nachtclub absagen konnte.

8. Anfangs mochte Springsteen die Schilder mit Songwünschen, die bei seinen Konzerten hochgehalten werden, gar nicht. 1999 spielte er „Rosalita“ nur an dem einen Abend, als keiner ein „Rosalita“-Schild dabeihatte.

9. Clemons ärgerte sich stets, dass nur Springsteen, nicht die gesamte E Street Band in die „Rock And Roll Hall Of Fame“ aufgenommen wurde: „Also ist mein Sax in der Hall Of Fame und mein Hintern auf dem Cover von, Born To Run‘ – und das war’s. Oh Mann!“

10. Nach dem Ende der „Rising“-Tour 2003 begann Springsteen, Antidepressiva zu nehmen. Stimmungsschwankungen hat er allerdings immer noch: „Das wirst du im Leben nie ganz los.“ (Edel, 24,95 Euro) bf

von Wolfgang Müller

Alles so schön kaputt hier, könnte man denken angesichts von Wolfgang Müllers unbedingt lesenswerter Geschichte der Subkultur in Westberlin. Anfang der 80er-Jahre flüchten „sogenannte Faulenzer, Ausgeflippte, Taugenichtse, Freaks, Arbeitsscheue, Verrückte, Gescheiterte, Tagediebe und Armeedienstverweigerer“ in die heutige Hauptstadt, um in verratzten Kneipen, besetzten Häusern und Bruchbuden mit Kohleheizung und Außenklo ihrer jeweiligen Freizeitbeschäftigung nachzugehen: Bücher herausgeben, die Kunstszene auf den Kopf stellen, Marathon-Konzerte geben, exaltiert tanzen, Dosenbier trinken oder Bierdosen werfen. Müller, „das einzige noch existierende Dauerschleifgetriebe“ von Die Tödliche Doris, trennt die Spreu vom Weizen, sagt, was Punk einst bedeutete und wer sicher keiner war. Und wer hat sich dort zwischen Trümmertunten und Genialen Dilletanten nicht alles die Nacht um die Ohren geschlagen: von Bowie bis Bargeld, von Kippenberger bis Udo Kier. Kraftklubs „Ich will nicht nach Berlin“ – es wäre damals wohl kein Hit geworden. (Philo Fine Arts, 24 Euro) AM

von Daniel Ryser

Dass sich ein Zürcher Journalist, geboren 1979, der sehr deutschen Punkrockband Slime annimmt, die 1980 mit dem Song „Bullenschweine“ für Aufregung sorgte und auch sonst nicht zimperlich in ihrer Sozialkritik war, ist ulkig. Aber Ryser beschreibt den Krawall, das Chaos, die Frustration trotzdem einfach so, als wäre er dabei gewesen. Im Grunde erzählen die Protagonisten ihre Geschichte sowieso selbst – und von Schorsch Kamerun und Campino bis zu Jan Delay und Jan Müller von Tocotronic kommen die unterschiedlichsten Zeugen zu Wort. Ein interessanter Blick in eine erstaunlich ferne Zeit. (Heyne Hardcore, 19,99 Euro) bf

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