Bruce Springsteen

Live In New York City

Sony

Der Boss noch einmal mit E Street Band im Madison Square Garden

Vorab ein Hinweis aus der Sparte „Verbraucherschutz“: Nein, Sie haben sich nicht vertan. Sie haben richtig gelesen. Falsch ist das woanders gelaufen. Ignorieren Sie also alles, was auf dem Cover nach „Tracklisting“ aussieht. Es stimmt sowieso fast alles nicht.

Nun der Service für die Statistiker da draußen: Es gibt auf diesem 2-CD-Exzerpt von zwei Abenden im Madison Square Garden genau 5 Songs (von 20), die es 1986 auf der 5-LP-Box schon mal offiziell live gab. „Two Hearts“, „Badlands“, „Born To Run“, „Tenth Avenue Freeze Out“ und „Born In The U.S.A.“, welches über die Jahre die radikalste Verwandlung erfuhr.

Über die Repertoire-Wahl zu streiten, ist natürlich müßig. Jeder will seinen Bruce anders, gerade live. Wir nehmen also einfach, was da kommt, und gewinnen daraus die folgenden zwölf Erkenntnisse.

1. Selbst viele Late Night-Shows konnten Max Weinberg als Rock’n‘ Roll-Drummer nichts anhaben. Rockt sie gut geölt, ist die E Street Band nach wie vor konkurrenzlos. Aber manchmal droht auch Schweinerock („Murder Incorporated“!).

2. Nils Lofgren ist nach der in „Two Hearts“ ausgiebigst zelebrierten Rückkehr von Buddy Steve Van Zandt eigentlich überflüssig. Es sei denn, er spielt all die Instrumente, die in den Credits nicht explizit aufgeführt sind, wie die schöne Steel bei „Mansion On The Hill“.

3. Patti Scialfa, „the first lady of love“ (Bruce), ist besser, als Linda McCartney jemals sein konnte.

4. Clarence Clemons, bisher nur Big Man mit der großen Sax-Kelle, hat jetzt auch lyrische Momente.

5. „The River“ kann man – mit Clemons-Intro – auch als ellenlange Elegie verdaddeln. Die Dynamik des Originals geht dabei natürlich flöten. Eine ironische Wendung: Immerhin machte der Boss selbst diesen Song einst als Wendepunkt aus – hin zur klassischen Drei-Minuten-Story.

6. Selbst einen so tollen Song wie „Prove It All Night“ kann man am Ende totspielen. Die 78er-Bootleg-Version mit dem langen Intro bleibt unerreicht.

7. Die Umdeutung von „Atlantic City“ zum Folk-Rocker mit Stadion-Appeal erscheint nicht völlig abwegig

8. Das frühe Meister-Epos, Jungleland“ im „Ramrod“-Rumms versacken zu lassen, ist keine so gute Sequenz-Idee.

9. Es ist schön und kurios zugleich, einen uralten Song wie „Lost In The Flood“ wiederzuhören.

10. Zwei neue Songs: „Land Of Hope And Dreams“ ist die Sorte Hymne, die man von Bruce nicht mehr braucht, das suggestive „American Skin (41 Shots)“ aber jede Kontroverse wert.

11. „Tenth Avenue Freeze Out“ würde man gern mal wieder ohne soviel Live-Theater hören.

12. Erschrecken Sie nicht, wenn am Ende von CD 1 unvermutet „Born To Run“ losdonnert.