Busta Rhymes – The Big Bang
Die Haare sind ab. Seit 1989 waren die mal wild wuchernden, mal zu Zöpfen gebändigten Dreadlocks das optische Markenzeichen des ehemaligen Leader of the New School. In Verbindung mit bizarrem Humor und amüsanten Kampfschreien a la „Whoo Hah!“ sorgte die Haarpracht für das Image des virilen „Madman“. Busta war ein vor Kreativität überlaufender wilder Vogel – doch er hatte immer alle und alles im Griff.
Dasselbe sagt man auch von Dr. Dre. 2003 nahm der gute Doktor Busta Rhymes für sein Label Aftermath unter Vertrag. Und nun präsentiert sich der Rapper im Booklet von „The Big Bang“ mal mit und mal ohne Dreadlocks: Zunächst steht er da wie ein Krieger, die Haare wallen ihm über die Brust, mit verschränkten Armen schaut er dem Betrachter fest und ernst ins Auge. Auf dem zweiten Foto geht der Blick unsicher nach unten, die Reste der einstigen Pracht hält der Rapper nun in den Fäusten. Ist er zornig, gar gedemütigt? Ein drittes Foto, eine Seite weiter, bringt Aufschluss: Etwas verwirrt, aber zufrieden grinsend fährt Busta sich durch die ungewohnte Kurzhaarfrisur, die ihm ganz offensichtlich gefällt. Ähnlich verhält es sich mit „The Big Bang“ – ein noch ungewohnter Neuanfang unter anderen Vorzeichen.
Wie immer bei seinen Produktionen hat Dr. Dre die Hosen an. Schwer und majestätisch rollen die Tracks, lang und prominent ist die Liste der Gäste: Q-Tip und Marsha von den tollen Floetry machen auf dem mit asiatischen Sounds garnierten „Get You Some“ den Anfang. Das von Swizz Beatz produzierte „Touch It“ rotiert auf einem Daft Punk-Sample und ist nicht nur deshalb ein unglaublicher Tanzboden-Kracher. „How We Do It Over Here“ klingt orientalisch und technisch zugleich – „1001 Nacht“ im „Star Wars“-Remix. „Been Through Storm“ handelt von Familien, die in die LISA kommen, um einen Traum zu verwirklichen und daran scheitern. Sechs Wochen hat Busta Rhymes zusammen mit Stevie Wonder an dem Song gearbeitet: Klassischer Soul trifft Hollywood-Epos – ein weiteres Highlight des Albums. Auch Rick James, will.i.am, Raekwon, Nas, Kelis und der unlängst verstorbene J. Dilla haben ihre Sache gut gemacht und das stilistische Spektrum erweitert. Nur manchmal vermisst man den alten Madman, das grunzende Urviech. Nein, nicht Ol‘ Dirty Bastard, „Where’s Your Money“, die Zusammenarbeit mit dem seligen Wu-Tang-Irren wurde in letzter Sekunde noch vom Album genommen. Vielleicht, weil ein US-Mainstream-HipHop-Album mindestens so rund laufen muss wie ein Fifa-Fussball. Durchgeknallte Querköpfe haben sich dem Teamchef unterzuordnen – und der heißt in diesem Fall Dr. Dre.