Calexico – Hot Rail :: Nach „The Black Light“ wieder ein Meisterwerk in Cinemascope

Wie schon der viel gelobte Vorgänger „The Black Light“ ist auch Calexicos drittes Werk mehr ein Film-Soundtrack in Tönen denn eine normale Schallplatte. Akustische Bilder, die am Autofenster vorüberziehen wie Stimmungen, die kommen und gehen, ohne dass die Gründe dafür ersichtlich scheinen.

Die Reiseroute dieses musikalischen Roadmovies ist nicht linear. Es geht los irgendwo kurz hinter Tijuana („El Picador“), bevor wir auf einmal Sonntagnachmittags am sonnenüberfluteten Seine-Ufer in Paris entlang flanieren („Ballad Of Cable Hogue“). Kurz darauf wähnt sich der Hörer in den frühen Morgenstunden beim Rausschmiss-Song aus einem Chicagoer oder vielleicht auch Bostoner Jazzclub („Fade“), dann auf einer Landwirtschaftsmaschine im mittleren Westen der USA („Drenched“), hoffend, die Erntezeit möge bald überstanden sein. Ebenfalls angesteuert werden: eine Stierkampfarena („Muleta“), eine völlig überdrehte Marschkapelle in New Orleans („Mid Town“), eine Tankstelle im australischen Outback, wo sich Känguruh und Dingo Gute Nacht zu sagen scheinen („Service And Repair“) und ein junger Bob-Dylan-Imitator in Greenwich Vülage, Manhattan. Schließlich finden wir uns zurück in Mexiko, zur Siesta vor der Veranda einer großen Hacienda („Tres Avisos“), und es kommt nach dem Aufwachen unwillkürlich die Frage auf, ob wir dies alles nur geträumt hätten. Vielleicht haben wir ja den alten Pick-up-Truck, in dem wir die ganze Zeit gesessen haben, nie wirklich gestartet…

Die zwar immer durchschimmernden, aber nie dominierenden oder gar erdrückenden Americana-Klänge in Calexicos vielfältig eingefärbten Songs sind es, die während der Reise alle Ziele miteinander verbunden haben. Dieses Gefühl, das immer vorhanden ist und die Platte mit all ihren Stilen und Ideen, all ihren verschiedenen Einflüssen und Spielereien zu einem Ganzen werden lässt; einem Werk ohne Anfang und Ende, ohne Zeitgefühl und voller – nicht nur musikalischer – Freiheit. Und hätte es „The Black Light“ nicht gegeben, so würden wir wahrscheinlich voller Ehrfurcht auf die Knie fallen. Aufgrund ihrer eigenen Vorgabe geben uns die Giant Sand-Rhythmiker und OP8-Mitglieder John Convertino und Joey Burns allerdings genau das, was wir von ihnen erwartet haben: ein traumhaftes Album. Während Giant Sand-Chef Howe Gelb auf seinem neuen Album zur Besinnung kommt, spielen seine Kollegen weiterhin wie besinnungslos.

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