Camper Van Beethoven – New Roman Times
So ganz harmonierten die beiden Abteilungen nie: hier die wüste Folklore, die Fiddle, der Schabernack, das Psychedelische der Band Camper Van Beethoven, die ihre Herkunft vom Universitätsgelände schwerlich verleugnen konnte. Dort das Songwriting, die Melodien und Melancholien von David Lowery, der den Stücken auch seine unvergesslich heisere Stimme leiht. Auf den beiden letzten Alben, „Our Beloved Revolutionary Sweetheart“ und „Key Lime Pie“, gelang die Fusion dann doch beinahe – wobei am Schluss der Klamauk einer wehmütigen Ironie gewichen war, die „Flowers“ und „When I Win The Lottery“, „Jack Ruby“ und „Come On Darkness“ so herbstlich, so herzzerreißend machte. Das war Vor Jahren: 1989.
Dann zerfielen Camper Van Beethoven in ihre Teile: Victor Krummenacher fiedelte wieder mit Eugene Chadbourne, mancher wurde Lehrer, David Lowery gründete Cracker, hatte anfangs ordentlichen Erfolg in den USA, machte dann aber nur noch schlechten Country-Rock. Es folgten die Wiedervereinigungs-Tournee, die Veröffentlichung von „Tusk“, dem Remake des Fleetwood Mac-Albums. Und nun haben sie wieder gemeinsam Songs geschrieben.
Und alles fällt auseinander wie früher: Da leiert und zerrt vorderorientalisch ein „Prelude“, es nerven karnevalistisch „White Fluffy Clouds“, „Come Out“ und einige Intermezzi mehr (nicht immer die Instrumentalstücke!). Schon klar, neue römische Zeiten (Witz mit einer Typografie!), globales Chaos, Terror und Irrsinn, ethnische Konflikte und Imperialismus allerorten – da mussten Camper ja zurückkommen! Aber hätten sie es nur getan ohne den sehr kurzfristig lustigen Ulk von „I Am Talking To This Flower“ oder „I Hate This Part Of Texas“!
Wenn Lowery dagegen sehnsüchtig „51-7“ oder „That Gum You Like Is Back In Style“ raspelt, dann versteht sich die Band auf elegische Arabesken und herrlichen Schönklang. Doch noch immer wollen sie die Scherzkekse vom Campus sein, mittlerweile ergraut.
20 Songs sind natürlich ohnehin viel zuviel. „That Gum“, den typischen Camper-Ska-Walzer „Might Makes Right“, den munteren Squaredance „Militia“, das irre Polka-Gefiedel von „R’n’R Uzbekistan“, das träge „New Roman Times“ mit Mädchenchor, Pedal Steel und Geige sowie „Hippy Chix“ (das allerdings eine Variation des „Euro Trash Girl“ von Cracker ist) bitte brennen, den Rest für Leute aufheben, die sich noch heute über den so genannten skurrilen Humor von Frank Zappa freuen können.
Hier kommen nun also die schwächsten und die prächtigsten Eigenschaften von Camper Van Beethoven zusammen – insofern kann man behaupten, dass sie ganz die Alten sind. Mit „New Roman Times“ müssen wir uns schnell anfreunden, denn es bleibt womöglich für eine längere Weile die letzte Platte dieser einzigartigen amerikanischen Band. Falls sie uns nicht wieder verarschen.