Carey Ott – Lucid Dream

Früher eröffnete Carey Ott gerne Sparverträge mit steigendem Zinssatz und kümmerte sich ansonsten aufopferungsvoll um die monetären Belange seiner Kunden in einer Chicagoer Bank. Aber weil der Mann im Herzen Musiker ist, reicht es nur noch für eine Teilzeitstelle als Kassierer – die frei gewordenen Stunder stehen ihm jetzt für die Karriere als Sänger zur Verfügung. Die zumindest schon einmal etwas angesprungen ist, weil Otts Song „Am I Just One“ in der Arzt-Fernsehserie „Grey’s Anatomy“ des Öfteren zu hören ist. Das Stück hört sich übrigens an wie eine leicht countryfizierte Version von Keane, geht aber trotzdem weitestgehend in Ordnung.

Das zweite Stück heißt „Daylight“ und könnte auf einer Travis-B-Seite Platz finden, allerdings stört hier erstmals Otts Hang zu pathetischem Gejammer. Wie auch beim folgenden „Hard To Change“ („Love can be too hard for your brain/ Let it close your eyes for you and you’ll never be the same“, guter Tipp!). „I Wouldn’t Do That To You“ und „Shelf Life“ möchten wohl gerne ins Abendradio und beschreiben dann auch irgendwie Otts Dilemma: Das alles ist gefällig, doch bleibt kaum etwas hängen. Was ein ziemliches Problem für einen Songwriter ist. Die Texte kreisen weitestgehend unverhohlen um kleinere Nebenzimmerbeobachtungen und schmerzhafte Ereignisse auf mittlerem Tagebuch-Niveau etwas mehr Abstraktion täte gut. Wie auch bei den Melodien, die allzu häutig identisch klingen, und den vorhersehbaren Arrangements.

Diese Platte bereitet weder Kopfschmerzen noch ist sie in der Lage, selbige zu bereinigen. Ott ist sympathisch und verdient als Kassierer natürlich auch Vertrauen, aber sein schnörkelrreier Songwriter-Pop darf das nächste Mal etwas mehr Beulen und Kratzer aufweisen. Und wie Operationen am offenen Herzen durchgeführt werden, kann er sich ja bis dahin bei „Grey’s Anatomy“ abgucken.

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