Carl Barât :: Carl Barât
Das Solo-Debüt überrascht mit Sprechgesang und Melancholie.
„Keep your wits about you and you’ll see the cabaret“, singt Barât im Eröffnungsstück „The Magus“ und eröffnet damit ein Varieté, das man von ihm so nicht erwartet hat und das zunächst an jemanden wie Marc Almond erinnert – allein schon wegen der Textzeile „Where have the flowers gone now?“
Aber Barât hat noch ganz andere, sehr eigene Lyrics parat: „And I carve my name on the livers of my lovers.“ Puh! Der Mann, der zurzeit alles zum Gelingen bringt (seine Memoiren, die Libertines-Live-Reunion, wahrscheinlich wird er auch noch ein guter Vater sein!), überrascht nach dem Ende seiner zweiten Band Dirty Pretty Things auf seinem ersten Soloalbum mal als Crooner, mal mit Sprechgesang und rückt damit in die Nähe von Berufsmelancholikern wie Babybird, Gavin Friday, Jack bzw. Jacques und Divine Comedy. „The Fall“ entstand tatsächlich in Zusammenarbeit mit Neil Hannon, vier Stücke rühren aus der Bekanntschaft mit Andrew Wyatt von Miike Snow. Trotz „If You Go Away“-artigen Intros setzt Barât der Theatralik eine gehörige Portion Nonchalance entgegen – selbst sein Bedauern findet zuweilen jauchzend statt. Einzug auf die Playlist der Indie-Disco, wie wir sie kennen, hält so lediglich die Single „Run With The Boys“: Die Strokes covern eine Madness-Version von „Town Called Malice“.
Der große Bruder von „Grace/Wastelands“: Musik der großen Gesten von einem Mann, der ohne auskommt. (Arcady/PIAS) Frank Lähnemann
Tim Robbins & The Rogues Gallery Band ***¿
Tim Robbins & The Rogues Gallery Band
Der Schauspieler macht auch als Songschreiber eine gute Figur.
Das Plattendebüt des Oscar-Schauspielers und Regisseurs. Mit 51. Seinen ersten Song schrieb Tim Robbins lange vor der großen Leinwand-Karriere, und wenn er die kondensierte Sehnsucht des sphärischen Herzensbrechers „Dreams“ hier 27 Jahre später endlich interpretiert, schwingen Demut, Erstaunen und Hingabe unisono. Doch Robbins kann auch anders. Im blues-rockigen „Time To Kill“ holt er die atemlose Verzweiflung eines Irak-Veteranen auf die Bühne. Das forsche Liebeslied „You’re My Dare“ tritt leicht in Dylan-Fußstapfen, mit der „Queen Of Dreams“ landet Robbins in einem Irish Pub, mit Joan As Policewoman als Gast im elegischen „Moment In The Sun“ schon mal im Jenseits.
Schon erstaunlich, wie souverän Robbins trotz offenkundig begrenzter Vocal-Kapazität den eigenen Ton und ins rechte Rollenfach findet. Hal Willner (Lou Reed, Leonard Cohen etc.) produzierte und spendierte seine Rogues Gallery Band, in der sich u.a. Brian Eno, Kate St. John und David Coulter (Tom Waits) in nur zwei Studiotagen an die Songs des Schauspielers herantasteten. Es dürften nicht die letzten gewesen sein. (Pias) Jörg Feyer
Maximum Balloon ***¿