Carla Torgerson – Saint Stranger
Warm, sehnsüchtig, zärtlich tremolierend. Alle Metamorphosen der Walkabouts wuchsen durch ihre schöne Stimme zusammen. Der karohemdsärmelige Folkrock der SubPop-Jahre, der Streicher-satte Country-Pop mit fast überdeutlich hörbarem Willen zur Größe der beiden Virgin-Alben (mit dem Top-40-Hit „The Light Will Stay On“), die melancholischen, grenzwandlerischen Roots-Klänge der Glitterhouse-Ära.
Nun hat Carla nach 20 Jahren ihr erstes Solowerk vorgelegt, und Ex-Partner Chris Eckman hat keinen Anteil. Kooperationspartner ist der Komponist und Arrangeur Akis Boyatzis, Anfuhrer der Begleit-Band Sigmatropic, deren „Sixteen Haiku“ Torgerson im Frühjahr 2001 am Mikro veredelte. Und der Grieche gewann dem markanten Ton der Sängerin Nuancen hinzu. Die ersten drei Songs sind noch solider Standard. Mit den folgenden beiden Nummern, dem kreativen Zentrum der Platte, verdienen sich die Ko-Produzenten Akis 8C Carla allein mindestens einen halben Extra-Stern. „Two To Tango“: Monströs verzerrter Bass, klatschende Drum-Loops, hypnotisch schiebende fünfeinhalb Minuten. Und vor allem „Dreh es um“. Über deutschen Puzzle-Lyrics erzeugt die dramatisch inszenierte orientalische Melodie mit tänzerischer Eleganz und wuchtigem Ethno-Beat nach Art der Horseflies einen tollen Sog, fast neun Minuten lang.
Der Rest hält das Level nicht. „Temperature Dream Thinking Bed“ stellt Kraftwerk ins Nordseestudio Pellworm bei, Atmo-Atmo!, offenem Fenster; „Guardian Angel“ vergurgelt als braver Folk im Effekt-Mahlstrom; „Rend“ bewirbt sich mit klimperndem Windspiel, mit dräuenden Geräuschen und geisterhaftem Gewisper als Score zum nächsten Mystery-Thriller von M. Night Shyamalan. Eher beifallheischende Fingerübungen am Pult als echte Lieder. Nach einem Track Stille schließt Carlas akustischer Alleingang „Where Your Front Door Is“. Überraschend, gut.