Charlie Poole – The Essentials :: The Essential

Dichter und Sänger, die sich konsequent zu Tode gesoffen haben, umgibt auch schon mal eine mythische Aura – in Irland wie anderswo. Im Fall von Charlie Poole kam wohl auch noch ein Moment von Tragik hinzu. Der Doktor, der ihn nach einer 13-wöchigen Sauftour mit einer Spritze fürs erste dem Alkohol entwöhnen wollte, beförderte ihn damit angeblich vom Leben zum Tode. Der anderen überlieferten Legende zufolge wiederum sollen seine Kumpel ihn in ziemlich derangiertem Zustand aufgefunden und ins Haus seiner Schwester gebracht haben, wo ihn eine Herzattacke hinwegraffte. Es war das Ende einer Superstar-Karriere.

Wer sich nach dem feinen Tribute-Album, das kürzlich Loudon Wainwright und sein Co-Autor/Produzent Dick Connette mit „High Wide & Handsome“ vorlegten, näher mit dieser Gründerfigur der ganzen Bluegrass Music beschäftigen möchte, hat mit der jetzt von derselben Plattenfirma vorgelegten Retrospektive dazu die beste Gelegenheit.

Im Zusammenhang mit der Musik, die Poole und seine North Carolina Ramblers berühmt machte, fällt oft der Begriff old-timey. Was manches von ihm adaptierte Liedgut schon zu seiner Zeit, aber nicht jeder Song war. Schließlich gab es, wie die McGarrigle-Schwestern in „The Work Song“ reimten, ja mal eine Zeit „Back before the blues were blue/ When the good old songs were new“, auch wenn sie dann gestehen: „Songs that may no longer please us/ ‚Bout the darkies, about Jesus…“ So volkstümlich, geschweige denn fromm, dass er Lieder über Jesus und Erlösung durch Religion gesungen hätte, war der notorisch rauflustige Schwerenöter Poole nicht. Ergab sich auch gern mal als hoffnungsloser Romantiker (ganz wunderbar bei „Where The Whipporwill Is Whispering Goodnight“) und sentimentaler Hund. Aber der mit dem ziemlich aufreibenden Leben von Wanderarbeitern bestens vertraute Poole sang genauso über Landstreicher („Can I Sleep In Your Barn Tonight Mister“) und die harten Zeiten, über Schnaps und den Blues der Verlierer (allerdings „If I Lose, I Don’t Care“). Das von ihm adaptierte Traditional „Don’t Let The Deal Go Down“ wurde der berühmteste Evergreen in seinem Repertoire, der eigene „White House Blues“ einer der Prototypen dessen, was man nachmals unter Protestsong verstand.

Wie Bill C. Malone in seinem 1968 erschienenen Standardwerk „Country Music, U.S.A.“ anmerkt, hatte es Poole schon zehn Jahre zuvor zu beträchtlicher Popularität im Süden gebracht, bevor er 1925 mit den North Carolina Rambiers seine ersten Aufnahmen für Columbia machte. Sein Gesangsstil („a notable nasal twang“) und vor allem das für ihn typische „three-finger-picking“ wurden prägend für die Karriere nicht nur von Bill Monroe.

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