Charlie Watts
Long Ago & Far Away
Virgin
Feinsinnige Texte, feingliedrige Arrangements, feingesponnene Harmonies: Kate & Anna McGarrigle kommen wohl aus Montreal, sind aber die Antithese zur banal plärrenden, melodramatischen Kehlkopf-Akrobatik Celine Dions. Irgendwann im Sommer kam „Matapedia“ heraus, wurde promotet wie ein wohlgehütetes Geheimnis und ging folglich unter, without a trace. Da mutet es schon komisch an, wenn die Schwestern tirilieren „We‘re goin‘ home to Canada… our pockets filled with American money“. Hat sich was. Zu mies ist diese Welt, um den musikalischen Liebreiz der McGarrigles walten zu lassen.
Bob Neuwirth hat sich auf seine Art eingestellt auf den Widersinn der Marktmechanismen. Wo immer und wann immer seine Kunst auf Gegenliebe stößt, macht er sich schleunigst von dannen. Kein Aufstieg, kein Fall. Keine Ambition, keine Kompromisse. Daran hält Neuwirth sich. No woman no cry: daran nicht. Schlimm für ihn, doch am Zerbrechen von Gefühlen richtet er so manchen der Songs auf, die auf „Look Up“ mehr skizziert als exekutiert werden, on the spot und ohne Overdubs. „Audio vèritè“ nennt das Neuwirth, Emotionen ohne Filter und Fisimatenten. Direktheit, die wehtut und glücklich macht Weniger hingerissen als hinreissend ist die studierte Mittelbarkeit von „Long Ago & Far Away“, die nur im großartigen Gesang Bernard Fowlers plötzliche Regungen zulässt und unorthodoxe Phrasierungen hervorkitzelt. Charlie Watts hat darauf bestanden, daß Fowler an den Originalen vorbei lernte. Den permanenten Vergleich mit den Percy Mayfields und Nat Coles im Hinterkopf so spekulierte Watts, müsse Fowler hemmen. Und so kommen wir in den beträchtlichen Genuß: unsterbliche, aber etwas abgewetzte Songs von Duke Ellington, Ira Gershwin oder Hoagy Carmichael in neuem Vokal-Gewand zu hören, in vollendeter Eleganz verswingt vom Charlie Watts Quintet und Steicher-veredelt vom London Metropolitan Orchestra. Cool, calm & collected.