Charlotte Hatherley – New Worlds
Knapp 30, und doch: Die Londoner Gitarristin könnte schon so manche Folge von „Das war Ihr Leben“ füllen. Mit 15 wird sie auf eine „NME“-Anzeige hin Mitglied der Riot Grrrl-Combo Nightnurse, mit 17 betritt sie mit Ash Bühnen, vor denen 50 000 Leute ausharren. Courtney Love erteilt ihr die Absolution, Bryan Ferry tut selbiges bei Champagner über den Wolken. Dieser Tage tourt sie mit Bat For Lashes – und ganz nebenbei hat sie, mit Hilfe von PJ-Harvey-Drummer Rob Ellis, auch noch ihr bereits drittes Soloalbum eingespielt.
Es sind gewiss keine neuen Welten, die uns die Hatherley darauf eröffnet. Nur zu augenscheinlich ist’s, dass sie sozialisiert wurde, als Kollege Stuart Maconie mit dem Begriff „Britpop“ hausieren ging. Da sind sie wieder, die Namen von damals, die man fast vergessen hatte: Elastica, Sleeper und vor allen Dingen Salad, die Band der damaligen MTV-Moderatorin Marijne van der Vlugt. Manchmal verharrt man noch etwas länger in der Zeitmaschine – im Titelsong und in „Little Sahara“ geht es zackig zu wie bei Devo, XTC oder Hazel O’Connor. Wir basteln uns ein Kaleidoskop! Klingt schlimm? Ist es überhaupt nicht: Die Farben wechseln schneller als die Welten, viel zu schnell, um Unmut herauszufordern. Und Madames Spielfreude – mehr als imposant. Jemand hat hier seinen musikalischen Seelenfrieden gefunden. Der Kick, der Bat For Lashes fehlt.
Das Kernthema von „New Worlds“, der rote Faden von der träumerischen Single „White“ bis hin zum von Leonard Bernstein inspirierten, von Catatonia beeinflussten „Wrong Notes“, handelt davon, dass sich Dinge immer wieder ins Gegenteil umkehren. Fehlschläge erweisen sich als Glücksfälle, falsche Noten als richtige. So sind die alten Welten die neuen.