City Of God von Fernando Meirelles
Es ist cool, ein Gangster zu sein. Am Anfang dieses Films jagt eine Horde Kinder johlend hinter einem Huhn her, durch verwinkelte Gassen und verdreckte Hinterhöfe, bis sie auf einer Straße vor einer schwer bewaffneten Polizeistreife steht. Lässig ziehen die Kids ihre Pistolen. In der „City Of God“ fangt man sich leichter eine Kugel ein, als dass man ein Huhn fasst.
In der Mitte der Straße, zwischen den beiden Parteien, steht nun Buscape (Alexandre Rodrigues), ein junger Fotograf. Das Bild friert ein, dreht sich mehrmals, als betrachte man ein Hologramm, dann setzt ein Kommentar aus dem Off ein und die Geschichte fast zwei Jahrzehnte früher noch mal an.
Die Atemlosigkeit und Raffinesse dieses Auftakts hält Fernando Meirelles bis zum Ende durch, 134 Minuten lang, in denen er ein Dutzend Hauptfiguren und mindestens dreimal so viele Nebenpersonen miteinander verknüpft. Sein ebenso epischer wie episodischer Film basiert auf dem gleichnamigen, 600 Seiten starken Roman von Paulo Lins, der darin wahre Begebenheiten aus den Bandenkriegen zwischen den 60er und 80er Jahren verarbeitet hat. Die „City Of God“ war ein Barackenstädtchen vom Reißbrett nahe Rio de Janeiro, das im Laufe der Zeit zu einer der vielen Favelas verkam. Buscape ist ein Knabe (Luis Otávio), als sein Bruder und zwei Freunde in den späten Sechzigern die ersten Überfalle begehen. Sie nennen sich Wild Angefs und landen durch einen Tipp des kleinenjungen Dadinho (Douglas Silva) ihren größten Coup in einem Bordell, der mit einem Massaker endet und auch ihren Tod besiegelt.
Während Buscape nicht mal einen Busfahrer berauben kann, da ihm der Mann sympathisch ist, die erste liebe erlebt und davon träumt, Fotograf zu werden, setzt Dadinho sich in den Siebzigern unter dem Namen Locke (Leandro Firmino da Hora) als eiskalter Gangboss im Drogengeschäft durch. Als er ein Mädchen vergewaltigt, schließt sich ihr Freund der Bande von Lockes ärgstem Feind Karotte an. So entsteht ein brutaler Straßenkrieg, der bis Anfang der Achtziger dauert und bei dem sogar Kinder bewaffnet werden.
„City Of God ist pulsierend und packend, ebenso artifizietl wie authentisch, aufregend fotografiert, atemberaubend strukturiert und der letzte Stand des Gangsterkinos, der „Gangs Of New York“ nicht geworden ist. Zwar wäre ohne Scorsese, Soderbergh und Tarantino dieses Meisterwerk nicht möglich. Wie Meirelles aber den Erzählfluss aufzieht, Anekdoten mit Jump-Cuts und Auflösung vorheriger Szenen einflechtet, Optik und Musik, Komik und Tragik verbindet, wird zu seiner eigenen furiosen Filmsprache.