Country von Jörg Feyer

Es muß bösem Zufall geschuldet sein, daß an dieser Stelle zumindest unter diesem Etikett noch nie eine Frau gewürdigt wurde. Denn hier ist gewiß kein Frauenfeind am Werk. Oder nur, wenn Lyle Lovett auch einer ist. Höchste Zeit also, auch und gerade für SONYA HUNTER. Einst als Königin des „Neo-Folk“ inthronisiert, gelingt ihr der Sprung aus der verdammten Schublade auf dem dritten Album „Peasant Pie“ (Normal 190/Indigo 6290-2) nicht zuletzt dank einer delikat aufspielenden Band auf Anhieb. Leicht und verspielt, aber immer klar in Ausdruck und Absicht landen Songs wie die verlorene Kintopp-Phantasie „Man In The Movie“ oder das nüchterne „Prohibition“ in einem breiten Referenzraum, der, so man will, sogar für King Crimson Platz läßt – eine nicht ganz naheliegende Idee ihres Förderers Pat Thomas. 3,5

Ein Cover-Album muß her, wenn die kreative Auszeit vonnöten ist. Dachte sich auch WEBB WILDER, der – ein Bein im Rock’n Roll, das andere fest in der (guten) Country-Tradition – schon immer der falsche Mann für Nashville war. Also der richtige für das texanische Watermelon-Label. Knackig begleitet von seinen Nashvegans, fühlt sich der gewitzte Bastard auf „Town & Country“ (Watermelon/Zensor CD 1032) im Repertoire von Small Faces, Flamin‘ Groovies und Mott The Hoople ebenso wohl wie bei Harlan Howard, Rodney Crowell und Waylon Jennings. Eine uneitle Spaß-Platte – viel gehört, gern gehört. 3,0

Wer sich das weitere Angebot von Watermelon erschließen will, das endlich auch in diesen Breiten vernünftig vertreten wird, ist mit der Label-Compilation „Singers-Songs-Roots Rock“ (MSACD 9/Indigo 5401-2) und 14 Tracks von Steve Young, Darden Smith, Tish Hinojosa, Carla Olson und anderen erstmal gut bedient. 3,0

Zwei Industrie-Platten mit den Messengers in den 80er Jahren haben nicht gereicht, um PAUL KELLY jenseits eifriger Insider-Zirkel zu etablieren. Was schade ist, wie jetzt die Neuauflage des Doppel-Albums „Paul Kelly: In Concert“ (Mushroom 74321 25937-2/BMG) mit satten 22 Tracks unterstreicht. Bei Live-Heimspielen in Perth und Melbourne lief der Australier, bei dem sich Sentiment und Spott die Waage halten, 1992 gerade solo zu guter Form auf. 3,0

Nach einem gnadenlos gefloppten Debüt wagt TERRELL einen neuen Anlauf mit ty Angry Southern Gentleman“ (Virgin 840099-2). Was nicht immer wörtlich zu nehmen ist, denn auch sentimentale Introspektion („Broken Man“) und der 83. Dylan-Witz (im satirischen „Toystore“) sind dem Mann aus Alabama nicht fremd. Immer southern, dabei eher roots als Rock, ist Terrell manchmal so nichtssagend wie Roachford, dann wieder (fast) so gut wie John Hiatt. 2,5

Nachdem der große Hype um die ROCKINGBIRDS einigermaßen überstanden ist, läßt sich’s in Ruhe weiterarbeiten – vielleicht sogar eine Spur zu ruhig. Denn ein paar mehr Songs wie das furiose „Hell“ hätten dem beschaulichen Country-Rock britischer Provenienz auf “ Whatever Happened To“ (Cooking Vinyl 84/Indigo) schon gutgetan. Das Album zum Nachmittagstee. 2,5

„Painful Days“ (Glitterhouse GRCD 362/EFA), das dritte Album von GARY HEFFERN, könnte Nöglern Nahrung sein, die nicht ganz zu Unrecht einen Songwriter-overkill beklagen. Würde hier wohl doch den Falschen treffen. Ein Produzent, der zwischen unverhohlenem Country-Pathos und spröden storyteller-Ambitionen vermitteln kann, hätte aber trotzdem nicht geschadet. So bleibt das Gesamtbild dieses mit der üblichen Seattle-Gästeliste (plus Victoria Williams und Mark Olson) eingespielten Albums doch ein wenig diffus, während die Highlights („Junk Is Still King“, „Living Is A Job“ und „When I Die“) um so heller erstrahlen. 3,0

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