Cracker – Forever: Halbgares zwischen Manierismus und rustikalem Gitarren-Handwerk :: COOKING VINYL/INDGO
Auf dem neuen Cracker-Album, das ließ David Lowery im Vorfeld verlauten, hätten er und sein Busenfreund Johnny Hickman erstmals am Computer arrangiert und so manchen Song am Bildschirm entstehen lassen, der nie einen Proberaum von innen gesehen hat. Da wird nun also endlich in die Praxis überfährt, was ohnehin schon immer die Cracker-Seele ausmachte – Lowery und Hickman, obschon gern ins Traditionalisten-Camp geschickt, haben nichts am Hut mit allzu zwanghafter Integrität und Identitätssuche, sondern folgen lieber den sich eröffnenden Optionen, egal, wohin die den Weg weisen. „Let’s all be someone else/ I’m tired of being myself“ singt Lowery im plump pumpenden „Miss Santa Cruz County“, dazu brät die Orgel und dampfen die Gitarren, und selbst tolerante Menschen werden hier nur schwer das Wort Americatia über die Lippen bringen.
Denn obwohl man die haltlose Eklektik der längst vergangenen Camper Van Beethoven-Tage nicht mehr als alles erklärenden Verweis herbeizerren darf: Trotz Western-Hut und klassisch amerikanistisch in Szene gesetztem Songwriting bleibt Lowery einer, der gern mal Gefühle leiht und Attitüden probiert, und so bleiben Cracker auch mit ihrem fünften Album eine Band im Niemandsland, die sich jeder eindeutigen Charakterisierung widersetzt.
Dabei mag man Lowery ja immer dann am Liebsten, wenn er Seele wagt und sich das Grinsen aus dem Gesicht zwingt, wie bei dem traumwandlerischen „Brides Of Neptun“, dessen pseudo-mystische Gaga-Lyrik toll von Kumpel Mark Linkous an Gitarre und Klangknöpfen in Szene gesetzt wird, oder dem gebrochen sehnsuchtsvollen „Sweet Magdalena Of My Misfortune“, dessen klassische Roots-Emphase Cracker tönen lässt wie Petty und Meilencamp im schäbigen Hinterhof. Let’s all be someone ehe – warum eigentlich?
David Lowery, der so großartige Alben wie „Our Beloved Revolutionary Sweetheart“, „Key Lime Pie“ und „Kerosene Hat“ mitverantwortet, hat einfach den falschen Partner.