Cracker – The Golden Age und F.S.K.

International

Virgin, Sub Up/EFA

Wie man sich zu seiner Heimat und Geschichte verhält, das kann man anhand dieser beiden Alben studieren – wie die Gebrochenheit und Enttäuschung in überzeitliche Melancholie umschlägt, wie sich das Gesamtbild auflöst in winzige Augenblicke. „The Golden Age“ von Cracker und „International“ von FSK sind Platten nach aller Erfahrung, von nicht mehr jungen Musikern, die ihren Platz gefunden haben. Die Haßliebe ist natürlich ein produktives Gefühl.

David Lowery und Thomas Meinecke haben Witz und Wut, aber sie nähern sich auch dem Fatalismus. Es ist dennoch nur halb ironisch, wenn Lowery zum Auftakt „I Hate My Generation“ skandiert und die schlechte Laune seiner Generationsgenossen beklagt. Die Lage, in Amerika wie in Deutschland, ist danach. Aber Thomas Meinecke fordert nicht mehr, wie noch vor ein paar Jahren, „Flagge verbrennen!“, und Lowery scherzt nicht mehr, wie in der Reagan-Ära bei Camper Van Beethoven, „Take The Skinheads Bowling“. Dagegen zu sein ist auch nicht mehr so einfach.

Lowery flüchtet sich in den Klassizismus. Mit Cracker macht er eine viel einfachere Musik als mit Camper, die den Prototyp einer College-Band bildeten und deshalb im eigenen Land fremd blieben. Cracker sind schon im Namen ur-amerikanisch, und die früher wirren, psychedelischen Texte hat Lowery gegen Americana und Liebeslieder eingetauscht. Bereits das letzte Album, „Kerosene Hat“, feierte die Nostalgie – die paar Dinge, die übrigbleiben, wenn man in den USA geboren wurde und nicht Bruce Springsteen ist.

Die Mythen des Alltags und das Ethos des triumphierenden Verlierers retten Lowerys Position auf einem unangreifbaren Außenposten. „I´m a genius of useless stuff“, singt er jetzt höhnisch – endlich eine Hymne für die zweckfrei Privilegierten.

In dem Song „Euro Trash Girl“ beschreibt Lowery eine lustige Odyssee durch Europa, und derselbe Song erscheint nun auf „International“, gesungen von Michaela Melián. Seit dem F.S.K.-Album „Son Of Kraut“ arbeiten Lowery und Meinecke zusammen; „International“ wurde in Richmond, Virginia, von Lowery aufgenommen – und der immer auch etwas aufdringliche Gedanke von der Verbindung zweier Folkloren, gar den Wurzeln des Texanischen im Bajuwarischen, der Konvergenz von Country und Ländler muß nicht länger bewiesen werden. Von Amon Düül bis Jane Fonda ist mal wieder alles Thema für den Sammler Meinecke: F.S.K. sind die Internationale der Popkultur und des Kuriosen, sie setzen die Bruchstücke einer zersplitterten Wahrnehmung wieder zusammen, und im Zufälligen wird alles zum Zeichen. Dabei schreibt Meinecke eher die Geschichte von Camper Van Beethoven fort. Auf den Nebenschauplätzen ist noch zu finden, was die Musik von F.S.K. so perfid karikiert: die heillos heile Welt.

Cracker haben in Amerika den Erfolg, den Camper nie haben konnten – und bedienen ihn mit schnörkellosem Gitarrenrock. Der Gitarrist Johnny Hickman sei das Problem der Gruppe, meinen viele Kritiker – wo früher die Violine verzerrte, spielt Hickman munter rustikale Rock-Riffs. Aber mindestens in den Balladen „Big Dipper“, „The Golden Age“, „Dixie Babylon“ und „I Can’t Forget You“ gibt es große, überwältigende Momente der Gefühligkeit, die Lowery seinem Sarkasmus entgegensetzt. Bei „Dixie Babylon“ schwingt sich die Musik nach einer brüchigen, lethargischen Western-Stimmung zu einem gespenstischen Streicher-Finale auf, dem sich das vollkommen skelettierte Bekenntnis „I Can’t Forget You“ anschließt: „I tried and I failed/ To hide and disguise/ This one simple sentiment.“ Und noch immer ist es Lowerys heiser-sehnsüchtiger Gesang, der ans Herz greift.

David Lowery und Thomas Meinecke: ein transatlantisches Bündnis für Wahrheit.