Crash Test Dummies – Songs Of The Unforgiven
Natürlich, eine Orgel. Hätte man auch früher drauf kommen können, dass ihr mächtiges Gedröhn das Instrument ist, das am besten zu Brad Roberts brummiger Whiskyfassstimme passt. Also: Bitteschön. Nach dem sexy und lebenslustig gemeinten Album „Puss’n’Boots“ sollte „Songs Of The Unforgiven“ nach dem Plan des Crash-Test-Dummies-Kopf ein Album werden, zu dem sich gut Selbstmord begehen lässt. Wo könnte man derlei besser aufnehmen ab in einer Kirche in Minnesota, mit nämlicher Orgel, ein paar Streichern, Akustikgitarre und selbstverständlich Harfe? Ein radikales Konzept Das Ergebnis treibt einen indes weniger zur Selbsttötung als vielmehr ins Büßerbänkchen: Eine seltsame, wahrscheinlich katholische Tröstlichkeit geht von den dumpfen Krypta-Moritaten aus, von Liedern mit religiös erbaulichen Titeln wie „There Is No Final Winner“, „The Beginning Of The End“ und „Everlasting Peace“, die die klassische Religionsdidaktik vom Jammertal hier unten und Paradies dort oben andeuten, was laut Brad Roberts irgendwie auch viel mit 9/11 zu tun hat Wenn er begleitet vom notorisch trübseligen Trio Low vom Friedhof und den letzten Dingen unkt und dröhnt, dann hat das nichts Bedrohliches oder dramatisch Verstörendes (auf „Songs Of The Unforgiven“ findet sich weit und breit auch kein einziges Schlagzeug).
Die Welt ist schlecht und muss zwangsläufig untergehen, und Frieden finden wir allzumal nur im kühlen Grabe – das ist in etwa das Resiime dieser seltsamen Platte, auf der zwischendurch Sonette gesungen werden. Manchmal erzählt Roberts ohnehin ja schon grundpathetische Stimme ein wenig zu weinerlich und salbungsvoll von verkrüppelten Menschen, mitunter klingt die Orgel zu arg nach Karfreitag. Ein grundsätzlich interessanter Ausflug in die Mystik, leider eher Erbauungskitsch als echte Ergriffenheit.