Damien Dempsey – Sing All Our Cares Away
Während endlich das Debüt-Album des beseelten irischen Sängers in Deutschland (per Import) erhältlich ist, erscheint eine Compilation mit Songs aus den beiden letzten Alben, „Seize The Day“ und „Shots“. Die wiederum in den letzten beiden Jahren bloß importiert worden waren. Die Karriere Damien Dempseys wurde ohnehin aufgehalten, allerdings vom Künstler selbst, der sich nach „They Don’t Teach This Shit In School“ im Jahr 2000 aufs Boxen verlegte, ehe er doch wieder Songs schrieb und aufnahm.
Das Verblüffende an diesem Naturtalent ist seine Begabung als Songschreiber und Sänger, denn Singer/Songwriter bedeutet hier nicht dasselbe wie beim üblichen Loudon Wainwright oder Adam Green. Dempsey eignet eine Stimme, die Morrissey bekanntermaßen zu Elogen hinriss. Und er singt wortreiche Stücke, die zwischen irischem Folk und Dub-Reggae (wenn nicht Talking Blues) vermitteln, und zwar auf so flammende und unmittelbare Weise, dass man an Linton Kwesi Johnson denken muss.jenen großen jamaikanischen Dichter, dem mit dem Begriff „Prediger“ ein Tort angetan würde.
Auch bei Dempsey, einem Eminem nicht unähnlichen Burschen mit der Schiebermütze (und der Straßenweisheit!) von James Cagney, sind quasispirituelle und mythologische Obertöne zu entdecken, etwa in dem wunderbaren „Sing All Our Cares Away“, aber es überwiegen doch Existentialismus und Geschichtsbewusstsein. In Songs wie „Factories, Trains And Houses“, „Ghosts Of Overdoses“ und „Celtic Tiger“ wird die genuine Sprache Irlands gesprochen, der Topos der „famine“ ist ebenso virulent wie Armut, Drogensucht und Kriminalität. Es sind Poeme des Missvergnügens und des beschädigten Lebens, Dempsey singt den HipHop des armen irischen Mannes. Er trinkt billigen englischen Cider und raucht Haschisch aus Nordafrika, heißt es in dem programmatischen „Spraypaint Backalley“, aber heute nacht hat er die Mischung nicht richtig hinbekommen. Eine charismatische Stimme der wahren Empfindung und des Miserablen – und bewegende Folk-Kunst zugleich.