David Bowie – Outside/Earthling/Hours

In der Plattenrezension unseres Bowie-Experten waren einige Worte verballhornt worden, denn der Kritiker hatte das Computer-Zeitalter im Jahr 1995 noch nicht betreten und verrichtete seine Fron an einer analogen Schreibmaschine. So berichtete er neben anderen Merkwürdigkeiten von einer „Stummfolter“, durch die Bowies Botschaften auf dem Album „Outside“ geschickt würden – statt durch einen Stimmfilter.

Der Autor, seinerzeit untröstlich, hatte seherische Fähigkeiten: Kaum zehn Jahre später ahnt man, was dieser Begriff – auch im Licht jüngster Folter-Gräuel! – bedeuten könnte. Nicht nur leidet man stumm an diesen verquasten Stücken, man stöhnt im Geiste: Wenn er doch geschwiegen hätte! Der gequirlte Detektiv-Quark sollte nur Teil eins einer Dashiell Hammett würdigen schwarzen Serie von Cyberspace-Crime sein, doch der blanke Unfug zu wüstem Space-Gewaber fand sofort das Ende.

David Bowie hatte derweil schon den „Jungle“ entdeckt, eine abstruse Tanzmusik mit auffälliger Nähe zu dem gleichnamigen Biotop, und bewunderte Scott Walkers opakes Tonmonument „Tilt“ (das übrigens, neben tausend anderen Dingen, von Folter und Terror handelt). 1997 glaubte mancher, mit prahlerischen Großfürsten wie Goldie breche ein neues Zeitalter an und wie stets wollte Bowie ganz vorn dabei sein. Heute kann man darüber streiten, ob „Earthling“ (2) noch übler ist als „Outside“ oder womöglich „mutig“, wie es in ähnlichen Fällen heißt.

Unvermutet war dann die Freude, als Bowie 1999 mit einem schlichten Bowie-Album wieder zu sich gekommen war. „Hours“ (3) musste natürlich wieder „die beste Bowie-Platte seit „Scary Monsters“ sein, um mit einem beliebten Bonmot zu sprechen. Und vielleicht stimmte das ja sogar. Die müde, aber eingängige Single „Thursday’s Child“ war fast eine Erlösung, Bowie sang wieder bei „Top Of The Pops“, mit „If I’m Dreaming My Life“ wurde es endlich wieder melodramatisch und ein wenig schwülstig. Die Erde hatte ihn wieder, und „Something In The Air“ wollte zwar abermals Walker sein, ist aber ein toller Song.

Die Gestaltung aller drei Alben (inzwischen als Büchlein!) sieht zwar noch immer aus wie dem Fiebertraum eines Grafikers entsprungen, und all diese schrecklichen Mixes auf den beigefügten Bonus-CDs braucht natürlich kein Mensch. Doch wie wird man in weiteren zehn Jahren von diesen Platten sprechen? Dem iPod jedenfalls könnten sie schon jetzt gefallen!

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