David Bowie – Sound & Vision

Von „Best Of‘- oder gar „Greatest Hits“-Rückblick kann hier keine Rede sein. Das ist die Wundertüte für eingefleischte Bowie-Maniacs, die auch von Veröffentlichungen wie „Rarest One Bowie“ nicht genug bekommen können. Im Gegensatz zu Dylans „Bootleg Series l-3“ allerdings keine überwältigende Kollektion rarer Meisterwerke, sondern – viele Hits bewusst auslassend – ein weithin vergnügliches Kuriositäten-Kabinett, allerdings eines mit etlichen seiner größten Interpretationen wie der von „Baal’s Hymn“! Die gab’s auf dem 1989 von Rykodisc vorgelegten Box Set gleichen Titels noch nicht. Das hier ist nämlich quasi die expanded edition derselben mit zwei Dutzend Aufnahmen mehr, alles selbstredend gut remastered, mit noch aufwändigerer Artwork, Liner Notes wieder von Kurt Loder, die Jahre nach 1993 gänzlich ausgespart.

Boshafte Zeitgenossen würden sagen: Gerade weil gespickt mit jeder Menge Raritäten, ist es ein Überblick über seine kreativsten Jahre, in denen er sich nicht immer wieder neu erfinden konnte, sondern musste. Denn dass es in Bowies Schaffen keinerlei schöpferische Kontinuität gab, beweist nichts schlagender als dieses Sammlerteil. Nirgendwo wird auch evidenter, dass er – vermutlich mehr als alle Stars mit seinem Renommee – sich von anderen „inspirieren“ lassen musste. Nach der Devise, die John Kay mal im Steppenwolf-Song „Tighten Up Your Wig“ mit den Versen „Just before I go I’d like to mention Junior Wells/ I stole this thing from him and he from someone else“ formulierte, arbeitete er immer. Schmunzeln darf man deswegen über Loders Behauptung, Bowie habe gelegentlich „ahead-of-its-time music“ gemacht und sei damit wie andere verkannte Künstler auf Ignoranz und Unverständnis der Zeitgenossen gestoßen.

An den Dürreperioden gab’s nichts zu verkennen. Von Brian Enos Ideen zehrte Bowie gern. Die mageren Jahre, in denen er an diesem bekannten Syndrom namens writer’s block litt, dauerten in seinem Fall manchmal doch länger als üblich, und wie stark er auf kreativen Input von allen möglichen Kollegen immer wieder angewiesen war, gibt Bowie selber in den Liner Notes ja auch ungeniert zu.

Wer sich die Rykodisc-Box nie leisten mochte, wird sich vielleicht für diese erwärmen können. Spannend wird’s da ab Mitte der dritten CD, beginnend mit besagter „Baal’s Hymn“, diversen Outtakes, Live-Mitschnitten, dem Soundtrack-Beitrag zu Paul Schraders Remake von „Cat People“ und den bestens handverlesenen Aufnahmen der Jahre 1983 bis 1993. Die Aufnahmen auf den ersten beiden CDs sind eh längst Evergreens, mancher rare Single-Mix dort bekanntlich besser als die offiziell veröffentlichte Version.

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