David Byrne – Feelings
Anfang der 80er Jahre war David Byrne eine der hipsten Personen der Welt. Mit seiner Band Talking Heads hatte der New Yorker das epochale Album „Remain In Light“ veröffentlicht, sein erstes Solo-Werk, der Ballett-Soundtrack „The Catherine Wheel“ überzeugte ebenso als Musik zur Zeit wie die mit Brian Eno eingespielte Platte „My Life In The Bush Of Ghosts“.
Der ehemalige Kunststudent galt als kosmopolitischer Stadtneurotiker, was er tatsächlich war, sowie als genialer Dilettant, was sich wenigstens zur Hälfte als Irrtum erwies: Musikalisch arbeitete er sich von aber etwas überambitionierten Blasmusik für ein Robert-Wilson-Stück über ein unhörbares Orchesterwerk hinab zum von den Talking Heads inspirierten Pop, der mit jedem Album langweiliger wurde, während er zugleich als Filmregisseur, Videokünsder, Plattenfirmenbesitzer, Kinderbuchautor und zuletzt Fotograf den vielseitig talentierten Renaissance-Mann in der Variation eines Allround-Amateurs darstellte. Und nun also“Fee/»wgs“.
Gefühle! Riesengroßes Wort! Und was für ein Aufwand: Aufgenommen wurde in London, Seattle, Miami, Los Angeles und New brk. Als Gäste treten unter anderem Morcheeba auf, Devo und The Black Cat Orchestra. Um diese Lieder einzuspielen: klitzekleine Melodien. Dünn gesungen. Eckige, unbewegliche Rhythmen. Beliebig verstreute Sounds exotischer Instrumente. Texte über die Probleme satter 80er-Jahre-Menschen. Und natürlich Einflüsse jeder elenden Musik der Welt: Pop, Rock, Funk, Afropop, Drum and Baß, Country, Cajun, Punk.
Puh! Da hilft es auch nichts, wenn dieses Album immer noch besser ist als der Gurkensalat der Rest-Talking-Heads aus dem letzten Jahr. Oder daß die drei letzten Stücke der CD wie von einer anderen Platte wirken: kleiner nämlich und unauffälliger, dabei aber melodischer, einprägsamer, erfreulicher. So als hätte der Mann am Schluß doch noch begriffen, daß Lieder ebenso wenig von ihren Arrangements getragen werden wie Kunstwerke von ihren Konzepten. Aber was soll’s?
Denn es gibt bessere Musik. Auch und gerade auf Byrnes eigenem Label Luaka Bop. Wer hören möchte, was der 45jährige gern machen würde, aber leider nicht kann, sollte sich die Brasil-, Kuba-, Indien- und Peru-Compilations der Firma besorgen sowie die dort erschienenen Alben des brasilianischen Stadtneurotiker-Songwriters Tom Ze. Ohne David Byrne wäre diese Musik wahrscheinlich nicht weltweit erhältlich. Und zumindest das ist kein geringer Verdienst.