David Gray- A New Day At Midnight
Womöglich ist ihm selbst nicht ganz geheuer gewesen, was er da mit „White Ladder“ angestellt hat – und der unerwartete Millionenseiler mit ihm. Fast erschrocken glaubte David Gray jedenfalls, „a bit like the old me“ wiederzuerkennen, als die Worte zum ersten Song „Dead In The Water“ kamen. Doch als Wegweiser für „New Day At Midnight“ taugt dieses Bild ebenso wenig wie gleich darauf seine schöne Ode an „Caroline“, die muntere Country-Folk-Akkorde und süffige Slide-Licks mit einer Rhythmik aus dem Eisschrank höchst effektvoll (nicht heischend) kollidieren lässt.
Sein Thema findet Gray erst mit „Long Distance Call“, vor allem mit dem elegischen, fast siebenminütigen „Freedom“, das seinen Titel ad absurdum führt in einer Welt „that’s lost its meaning“. Nah das Ende, greifbar der Verlust auch im schlichten „December“, wo Häuser dem Wind nicht standhalten können und Killer unter der Haut am Werk sind. „Oh my whatever happened to the sky“, ruft Gray aus, ungläubig ob soviel Tristesse. Doch selbst in mentaler Mitternacht dämmert’s ja meist noch irgendwo und -wie, „like you reach into my head and turn on a light“. Da kann nur ein emphatisches „Be Mine“ draus werden.
So verhindern allein Song-Sujets, die eher auf „The Other Side“ (Schlusstitel) oder knapp davor angesiedelt sind, eine bloße Reprise des Vorgängers. Was jenen gefallen dürfte, denen etwa ein „Babylon“ schon immer ein zu unverbindliches Trostpflaster darstellte. Erhalten geblieben ist bei identischer Personalkonstellation um Gray und Chef-Rhythmiker Chine der Heimstudio-Charme, der hier durch das eine oder andere odd Instrument sogar noch verstärkt wird. Die Melodica-Einlage etwa, auf die das liebliche „Kangaroo“ nur gewartet zu haben
schien. Oder das toy piano in „Last Boat To America“. Das legt erst ab, wenn alle Tränen geweint sind. Doch ob sie diesmal dort drüben wieder warten auf David Gray, den faith healer aus dem Mutterland?