Dead & Born & Grown :: Drei britische Folk-Schwestern schwelgen Richtung Amerika

Watford hat der Welt einst mit dem FC ein von Elton John finanziertes kleines Fußballwunder beschert, das schon Pressing spielte, als man noch Kick & Rush dazu sagte. Das kleine Vocal-Wunder, das jetzt folgen soll, war da noch gar nicht auf der Welt. Justin Vernon mag sie sehr, die Staveley-Taylor-Schwestern Emily, Jessica und Camilla, die Brit-Presse schwärmt selbst im aufziehenden Folk-Backlash, und Glyn und Ethan Johns waren so angetan, dass Vater und Sohn erstmals gemeinsam produzierten.

Der lange A-cappella-Auftakt von „Wisely & Slow“ wuchert gleich mal mit dem größten Pfund der Staves. Es sind aber auch wirklich schön synkopierte, verschlungene close harmonies von der Sorte, die schnell mal zu dem längst widerlegten Verdikt führen, so könnten doch wirklich nur Schwestern zusammen singen. Die zwei Johns sind klug und erfahren genug, diese vor dezentem Backing (Schlagwerk, Gitarren, Orgel/Harmonium) ganz in den Mittelpunkt von „Dead & Born & Grown“ zu rücken, ohne eine musikalische Verdichtung („Winter Trees“) ganz auszuschließen.

Dass die drei als Kinder lange dachten, ihre Eltern hätten den CSN-Song „Helplessly Hoping“ geschrieben, beschreibt ihre musikalische Second-Hand-Sozialisation anekdotisch treffend. Erstaunlich genug, dass ihre nun allesamt selbstgeschriebenen Songs zwar oft mehr nach Laurel-Canyon-Heimeligkeit („In The Long Run“) und Americana-Fernweh (das die Sehnsucht in „Mexico“ kurieren soll) klingen als nach einem nebligen Morgen am Themse-Ufer, aber doch wenig nach nur geborgten Gefühlen. Hier baden junge Mittelklasse-Frauen aus der englischen Provinz einfach nicht allzu heiß im modernen Konflikt Liebe vs. Unabhängigkeit. Und bemühen dabei auch gern mal eine Natur-Metapher zu viel. „Leave the worry to the women, that’s our game to play“, bedient Emily im bluesgetünchtbitteren „Pay Us No Mind“ erst ein Klischee, nur um dann „fare thee well“ zu sagen, mit dem denkbar sanftesten „I don’t give a fuck anymore“.

Das kleine Fußball-Wunder FC spielt längst wieder zweite Liga. The Staves haben in Watford schon jetzt ihre eigene Tribute-Band (The Slaves, haha). Mal sehen, ob es woanders auch irgendwann dafür reicht. (Atlantic/Warner) JÖRG FEYER

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