Der Heimwerker :: Mit Broadcast 2000 schafft der klassisch ausgebildete Perfektionist Joe Steer clever verzahnte Mini-Epen und entrümpelt alte Folk-Klischees.

Die 1998 erschienene Debüt-EP von Joe Steer alias Broadcast 2000 heißt „Building Blocks“, das ist ein guter Titel. Denn Joe Steer baut seine Platten wie Häuser, mit einem Fundament, zwei, drei hübsch dekorierten Stockwerken und einem Dach. In seinem Schlafzimmer in Nordlondon kompiliert Steer Klopfgeräusche zu Perkussion-Loops. Dann werden Gitarre, Bass, Ukulele, Glockenspiel und mehrstimmige Gesänge addiert. Und natürlich jede Menge Celli. Das Cello ist Steers erstes Instrument, er erlernte es im Rahmen eines Hochschulstudiums. „Ich habe gleichzeitig Computer-Design studiert“, erklärt Steer. „Eine gute Kombination für mich, weil ich so quasi zum Produzenten in eigener Sache wurde.“

Dass Steer diese Fähigkeit zur Meisterschaft ausgebaut hat, hört man auf dem neuen Album „Broadcast 2000“. Steer spielt dort Songwriter-Folk als detailverliebten Kammerpop, kleine Symphonien aus akustischen Instrumenten, im Computer spielerisch verschachtelt. Kommen Sie Steer also nicht mit der Behauptung, ein Lied sei nur dann gut, wenn man es am Lagerfeuer singen kann. „Ich experimentiere mit Akkordstrukturen und Rhythmen. Wenn die Harmonien stimmen, die Loops funktionieren und die Schichten sich zu verbinden beginnen, bin ich zufrieden. Ich arbeite nicht so, hier sind drei Akkorde und ein Haufen Text.“

Ist man ein Technokrat, wenn man den Song vom Ende her sieht? Natürlieh nicht. Das traditionelle Folk-Dogma vom Lied als unumstößliche Basis wirkt im Licht von ProTools und anderer leicht verfügbarer Aufnahmetechnologie unnötig altbacken. Folk 2.0! Zudem versteht sich Steer ohnehin eher als E-Musikalischer Komponist.“Ich verstehe diese Songs wie kleine klassische Werke, auch wenn das ein bisschen anmaßend klingt. Aber die Arbeitsweise ist eben so, dass man Themen verzahnt und immer das Ganze im Kopf hat.“

Als Steer mit der Platte fertig war, half Produzent Eliot James (Kaiser Chiefs, Bloc Party) in einem richtigen Studio. „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass wir zu viel verändern und der ursprüngliche Charakter der Aufnahmen verloren geht. Aber wir haben die Songs nur poliert und etwas radiofreundlicher gemacht.“ Bestimmt eine gute Entscheidung. Denn Broadcast 2000 ist nicht nur ein Thema für die Nische. Jörn Schlüter

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