Die Fantastischen Vier :: MTV Unplugged

Die Veteranen und Vorreiter melden sich aus einer Tropfsteinhöhle

Zugegeben: Herbert Grönemeyer hat auf nationaler Ebene den Anfang gemacht. Aber in Sachen „Deutschrap unplugged“ sind (wieder einmal) sie die Ersten, die Launebären aus Stuttgart. Wie hieß es doch gleich im letzten Werk? „Wir kamen zuerst und wir gehen zuletzt.“ Gut, okay, soll so sein. Aber vom Ruhm allein kann ein derart medienwirksamer Auftritt nicht leben. In langer Vorarbeit wurden daher eine Streichersektion, ein Pianist (natürlich mit Dreadlocks), Sänger und sonstige Musiker rekrutiert, zusammengefügt und in Einheits-Outfits gesteckt Die „4“ auf dem Rücken – und den Coolheitsfaktor 10 inklusive. Wie das Team von der Tanke.

Nicht weniger eigen fiel die Wahl des Auftrittsortes aus. Anstatt sich in die für solche Zwecke vorgesehenen Studios nach London zu begeben, war man lieber Grottenolm (die Akustik, die Atmosphäre!) in der sauerländischen Balver Höhle. Dort erlebte ein ausgesuchtes Branchenpublikum plus Bonus-Fans eine gut selektierte Mischung des bisherigen Output mit überwiegend ordentlichen Resultaten. Zwar wird auf „Jetzt geht’s ab“ (vom Debüt) deutlich, dass man Scratches nicht so ohne weiteres durch Gesang ersetzen kann. Aber das bleibt die Ausnahme; Stücke wie der „Der Picknicker“ und sogar „Sie ist weg“ schwingen lässig – leicht und gefahrlos. Gut gefällt auch die Umsetzung des ohnehin gelungenen „Tag am Meer“, das als eines der wenigen Tracks die Konzertatmosphäre auf die CD übertragen kann.

Darüber hinaus gibt es – den Geist der Improvisation beschwörend – sogar Experimente (eine Motorsäge bei „Schizophren“ und der Ziegenbart von Thomas D, der allerdings nicht hörbar). Dass das alles solide und in Ordnung, aber nicht wirklich bahnbrechend ist, war nicht anders zu erwarten. Sind HipHop-Livealben seit jeher in Sachen Sinn und Originalität eine eher zwiespältige Angelegenheit, so verhält es sich mit „Unplugged“ noch deutlich schwieriger. Unter diesem Aspekt kommt den Fantastischen Vier hier jedoch ihre musikalische Ausgereiftheit zugute – die oft genug blitzgescheite Lyrik sowieso. Die Fantastischen Vier als elder statesmen des Deutschhop, als Klassizisten und Klassensprecher einer Truppe, die Smudo bereits nicht mehr würdig erscheint. Wie so manche Fundamentalisten und Altväter treten sie bald ihr eigenes Erbe an. Und wirklich: Womöglich kann es sonst keiner.

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