die jagger platten – Mit den Stones produzierte er Klassiker im Dutzend, doch standen Micks Solo-Scheiben oft unter keinem guten Stern
Erste Gerüchte über Solo-Pläne des Sängers kursierten bereits 1967. Loyalität zu seiner Combo war es, die ihn großzügige Angebote in den Wind schlagen ließ, aber auch die sich überstürzenden Ereignisse in der popmusikalischen Entwicklung der späten 60er Jahre. Paradoxerweise war es dann Jaggers Ausflug ins Filmfach, der ihn zu musikalischen Alleingängen veranlasste. „Performance“ von Nicolas Roeg, von Kritikern kürzlich zum „besten britischen Film aller Zeiten“ gekürt, warf einen exzellenten Soundtrack ab und mit „Memo From Turner“ Micks erste Solo-Single: ein von Jack Nitzsche inszeniertes, von Ry Cooders Bottleneck befeuertes, fiebriges und aggressives Stück Selbstentblößung, das vokalistisch zum besten gehört, was man von Jagger überhaupt kennt. Und übrigens nicht identisch ist mit der später auf „Metamorphosis“ veröffentlichten Demo-Version der Stones.
Im selben Jahr, 1970, kam mit Tony Richardsons „Ned Kelly“ ein weiterer Film in die Kinos, in dem Jagger die Hauptrolle spielte. Und wieder sang er auf dem Soundtrack einen Song: das nölige, dem Outlaw-Charakter des Titelhelden verpflichtete Folk-Lament „Wild Colonial Boy“, mono aufgenommen und elektronisch auf stereo getrimmt. Erst 1984 wurde Jagger wieder Stonesextern aktiv, mit der Single „State Of Shock“ im Tandem mit den Jacksons. 1985 toppte er die Charts im Duett mit David Bowie und einem Remake von „Dancing In The Street“. Nur in den USA erschien 1986 der Theme-Song „Ruthless People“.
„She’s The Boss“ (1985) Das LP-Debüt und eine bewusste Abkehr von den Stones, die sich nach “ Undercover“ in keiner guten Verfassung befanden. Mick holte sich Bill Laswell und Chics Nile Rodgers als Co-Produzenten, dazu befreundete Musiker wie Jeff Beck und Sly & Robbie ins Studio. Die Songs sind stark, der Sound mäßig modern. Hellauf begeistert war dennoch kaum jemand, verärgert vor allem einer: Keith Richards.4,0
„Primitive Cool“ (1987) Wieder verließ Jagger nach getaner Arbeit („Dirty Work) das Stones-Camp, an seiner Seite diesmal Dave Stewart, der dreimal als Co-Autor zeichnete. Eine erratische Platte mit nur zwei überragenden Songs („Party DoU“ und „War Baby“) und viel Mittelmaß. Kommerziell ein Flop, außer in Japan und Australien, wo Jagger tourte und – Keef tobte – mit der „Cool“-Crew sogar Stones-Hits zum Besten gab. 3,5
„Wandering Spirit“ (1993) Eine LP, mit der Mick nichts mehr beweisen musste, die er ohne unziemliche Hast mit Rick Rubin produzierte, weil sich halt Songs angesammelt hatten, die nicht Stones-kompatibel schienen. Darunter das fabelhafte, countryfizierte „Evening Gown“ und der Rockabilly-rassige Titelsong. Das Album endet mit dem wunderbar intonierten Folk-Traditional „Handsome Molly“, das Mick bereits als Kind gern gesungen hatte. 4,5