Die zehn essentiellsten JONI MITCHELL-Alben :: Wolfgang Ooebeling über die lyrisch wie stilistisch einflußreichen Meisterwerke der Kanadierin

„Songs To A Seagull“ (Reprise, 1968) Wie fast alle späteren LP-Cover hat Joni Michell auch dieses erste gemalt, mit dem Versprechen: whatyou see is whatyou get. Entsprechend mädchenhaft überspannt sind die noch dem Folk verpflichteten Songs, die Joni in zwei Hälften teilt: «City“ und „Seaside“. So blumig die Melodien, so romantisch verbrämt die Lyrik, so grazil der Vortrag, so sachlich und unaufgeregt ist David Crosbys Produktion. 4,0

„Clouds“ (Reprise, 1969) Entstand in Laurel Canyon, in jenem Haus, das joni mit Graham Nash bewohnte und in dem sich CSN formiert hatten. Die egozentrierten Songs drehen sich um persönliche Beziehungen, darunter das von Judy Collins popularisierte „Both Sides Now“, das von Tom Rush gecoverte „Tin Angel“ und das selbstreflektive „Songs to Aging Children Come“ (aging children, Iam one). 4,0

„Ladies Of The Canyon“ (Reprise, 1970) Mitchells erstes großes Meisterwerk markiert den Übergang vom unschuldigen Hippie-Girl zur promiskuitiven Femme Fatale des Folk (der ROLLING STONE nannte sie boshaft „Lady of El Lay“), aber auch vom delikaten Klampfen zu ingeniös arrangierter Song-Kunst Mit „Woodstock“, „The Cirde Game“ und dem später gar von Bob Dylan gecoverten Hit „Big Yellow Taxi“. 4,5

„Blue“ (Reprise, 1971) Ein purgatorischer Song-Reigen, gespeist aus Enttäuschungen und Depressionen. Mitchell hatte vorübergehend die Lust an Live-Auftritten verloren, war des Westcoast-Hedonismus, mit dem sie im Titelsong abrechnet, überdrüssig geworden. Begleitet wird sie u. a. von James Taylor, Stephen Sülls und dem Pedal-Steeler Sneaky Pete Kleinow. Introspektiv, intensiv und eine ideelle Blaupause für alle mißverstandenen Songgewerblerinnen danach. 4,5

„For The Roses“ (Asylum, 1972) Im Kern ein Rock-Album mit ersten Jazz-Anwandlungen, wurde JRoses“ in Vancouver geboren, wohin Joni sich zurückgezogen hatte. Die Songs dokumentieren dankbar den Abstand zum Biz, Mitchell findet ihre Mitte. Herausragend: „Barangrill“ und „Cold Blue Steel And Sweet Fire“, eine illusionslose Sicht auf Heroinsucht und die Folgen (Gitarre: James Burton!). 4,5

„Court And Spark“ (Asylum, 1974) Bob Dylan soll eingeschlafen sein, als Joni ihm die Tapes vorspielte, dabei zeigt das Album die Künstlerin im Zenith ihrer Kreativität. Begleitet von L. A. Express und erstklassigen Session-Musikern, mäandert Mitchell zwischen Rock und Jazz und erreicht eine ungeahnte Meisterschaft in Komposition und Phrasierung. Emotionales Chaos, musikalisch geerdet Am genialsten: „Just Like This Train“. 5,0

„The Hissing Of Summer Lawns“ (Asylum, 1975) Nach der zur Schau gestellten Verwundbarkeit und Offenherzigkeit der Vorgänger, ist „Hissing“ ein abstraktes Album, stilistisch dem Jazz und perkussiven Afro-Traditionen (Burundi-Beats!) verbunden. Auch die Songs sind mehr graphisch als biographisch, mal mystisch, mal moralisierend. Ein diffiziler, ambitionierter Song-Zyklus. 4,5

„Hejira“ (Asylum, 1976) Mit den Uferten „No Regrets“ beginntJonis letzter Geniestreich, ein gleichsam stoisches Album, das die Heldin nicht als Handelnde sieht, sondern in einem Spiegelkabinett abbildet, vielfach gebrochen. Auf Keyboards wird verzichtet, Bass und Gitarre sind mit Mitchells Stimme kongenial verwoben. Besonders brillant: „Furry Stngs The Blues“, ihre einfühlsame Ode an den Beale Street-Blues-Poeten Furry Lewis. 4,5

„Don Juan’s Reckless Daughter (Asylum, 1977) Nach der Kritiker-Ekstase über Jiejm a fiel die mediale Reaktion auf „Daughter“ lau aus, bestenfalls höflich. Joni hatte sich vergaloppiert, die Songs (von „Talk To Me“ abgesehen) vernachlässigt und ihr Heil in polyrhythmischen, allerdings auch hypnotischen Trommel-Tracks gesucht Eine Doppel-LP von hoher Musikalität und Prätentton. 4,0

„Taming The Tiger“ (Reprise, 1998) Nach ihrer 79er Hommage an Charles Mingus versandeten Mitchells Motivationen, die Lady erging sich wie die meisten Artists ihrer Generation die 80er Jahre über in gelangweilter Routine. „Turbulent Indigo“ (1994) beendete die Jahre der Mediokrität. „Tiger“ setzt diese Revitalisierung beeindruckend fort Wer weiß, ob vielleicht nicht doch noch ein „Time Out Of Mind“ tn ihr steckt After all, she’s an artist,she don’tlook back. 3,5

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