Dinosaur Jr.- Beyond

Und wenn es überhaupt einen gibt, der es sich leisten kann, 13 Jahre nach Kurt Cobains Tod noch mal Prä-Grunge zu spielen, 18 Jahre nach dem Ende der ersten Dinosaur Jr.-Formation wieder eine Platte in derselben Besetzung zu machen, dann ist es J Mascis, 41. Weil er ja schon mit 18 das Leben als alter Sack feierte, der sich über die allgemeine Geschwindigkeit beschwerte und aus seinen Möbeln Barrikaden baute, damit er ruhig im Bett liegen und Musik hören konnte. Auf der Band-Homepage steht jetzt wieder ein Gruppenbild von 1985, mit J Mascis in einem von der Mama gestrickten „Deep Wound“-Pullover, und aus der offiziellen Historie haben sie tatsächlich die vier Alben gestrichen, die Mascis nach dem gewaltsamen Weggang von Bassist Lou Barlow unter dem Dinosaur-Namen machte. Das erste Stück auf „Beyond“ beginnt sogar mit einer angeschnittenen Millisekunde Feedbacklärm, als ob es die direkte Fortsetzung einer abrupt abgebrochenen Geschichte wäre – danach, noch vor dem Gesang, gleich das erste Solo von Mascis, ornamental und gekonnt unnötig, ein Gitarrespiel mit klebrigen Fingern, das unentschlossen herumdruckst und beim Nicht-die-richtigen-Worte-Finden immer länger wird. Alles wie früher, das Grummeln, der Buzz, die Folk- und Metal-Figuren, die preschende Trommel, die unleidige, halb verdeckte Stimme und die widerwillig süßen Melodien. Der alte Muffel-Sound, digital nachgebaut – Mascis‘ Soloplatten waren im Vergleich virtuoser Stadionrock, obwohl Dinosaur Jr. ja jetzt, ohne Sarkasmus, auch Stadionrock sind.

Mascis, Barlow und Murph machen sich den Scherz, uns entscheiden zu lassen, ob wir die historische Korrektur wirklich brauchen, ob der Wiedererkennungseffekt heute so wertvoll ist wie damals das Gegenteil, das Gefühl, etwas in der Art noch nie gehört zu haben. Ihnen daraus einen subversiven Akt zu konstruieren, wäre dann doch zu viel des Guten – immerhin haben sie jetzt ein Publikum wie nie zuvor, und echte Risiken gehen sie nicht ein. Genau deshalb ist die Platte auch was geworden: Dinosaur Jr. kopieren sich mit so wahnsinnigem, souveränen Weitblick selbst und schreiben im sinngemäßen Stil ein paar derart gute Stücke, „ear bleeding country songs“, dass „Beyond“ schlicht eine ihrer besten Platten überhaupt ist.

Ob sie noch irgendetwas anderes aus der Geschichte gelernt haben, außer sich in ihr zu spiegeln? Gleich. Müssen uns erst das Grinsen aus dem Gesicht meißeln.

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