Diverse – El Barrio – Gangsters, Latin-Soul & The Birth Of Salsa 1967-75

Es sind nur wenige New Yorker Straßenzüge, die Harlem von Spanish Harlem trennen. Was im einen Viertel The Hood ist, heißt im anderen El Barrio. Heute käme zwar niemand mehr auf die Idee, diese Nachbarschaften als „Ghetto“ zu bezeichnen, doch in den Sechzigern und Siebzigern drängten sich hier die Einwanderer unter oft erbärmlichen Bedingungen. Die Nähe der unterschiedlichen Communities zueinander hatte allerdings ihr Gutes: Die Musik, die in den beiden Bezirken gespielt und gehört wurde, näherte sich immer mehr an. Schon bald begann eine junge Generation von Nu Yoricans, wie sich die Puerto Ricanischen Einwanderer nennen, mit neuen, eigenen Formen zu experimentieren. Von der daraus resultierenden Entstehung des Salsa und Latin Soul berichtet diese Compilation, die zugleich auch der Auftakt ist für eine Reihe von Wiederveröffentlichungen des legendären Fania Labels: Ray Barretto, das Joe Cuba Sextett, Charlie Palmieri, Willie Colon oder Tito Puente.

Gleich das erste Stück der Compilation, Joe Cubas „Do You Feel It“ von 1972, ist seiner Zeit zwei bis drei Jahrzehnte voraus: Der trockene Sprechgesang in der ersten Hälfte des Songs verklärt trotzig die schmutzigen, überhitzten Straßen des Ghettos zum Idyll. Das Essen dort war „delicious“, obwohl es nur aus Reis und Bohnen bestand. Wer brauchte den Ozean, wenn er den Hudson und den East-River hatte? Viele HipHop-Produzenten haben diesen Beat schon gesampelt, doch sie sollten sich dieses gewaltige Stück weiter anhören und: lernen. Joe Bataan’s „Johnny’s No Good“ ist dagegen sehr nahe am Sound des Motown Labels- mit dem Fania immer wieder gerne verglichen wurde. Das Zusammenspiel von Bass und Piano, die Congas und vor allem der Gesang erinnern stark an „Cloud Nine“ von den Temptations. Tito Ramos inszeniert „Big T“ wie eine Autofahrt mit John Shaft durch die nächtlichen Straßen New Yorks. Der orchestrale Cinemascope-Sound von Tito Puente ist natürlich wohlvertraut – „El Rey“ zeigt, wo Quincy Jones die Arrangements für seinen „Soul Bossa Nova“ geklaut hat.

Diese Musik und ein schwüler Sommertag – nicht auszumalen, was da alles passieren kann.

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